Am Ende sind es vor allem Männeraugen, die begeistert auf die fertige Modelleisbahn schauen. Doch vorher regieren Frauen die Welt der filigranen Nachbildungen von historischen und aktuellen Eisenbahnen. In den Göppinger Produktionshallen von Märklin, dem nach eigenen Angaben Weltmarktführer, sind Männer eher die Ausnahme– außer, es ist ein Fan zu Besuch.
„Wie ein Bub, nicht wahr“, sagt Jürgen Sparrer über sich selbst und saugt jedes Detail der Fertigung im Märklin-Stammwerk mit seinen Blicken auf. Der 55-Jährige lebt seit 30 Jahren in Neuseeland. Doch sein Hobby, Modelleisenbahnen, waren ihm eine Reise in die alte Heimat wert. Er besitzt 50 Lokomotiven.
„Es ist schade, dass heute so viele mit Computern spielen und wenig von der Technik lernen“, sagt Sparrer unter der Geräuschkulisse von Druckguss-Maschinen. Bahngehäuse werden gerade ausgespuckt. Eine Mitarbeiterin befreit die Gehäuse vom Restmetall und macht eine Sichtprüfung. Der „Abfall“ wird wieder eingeschmolzen. Gehäuse auch mit nur kleinen Fehlern, werden aussortiert und erneut gegossen. Denn spätestens nach der Lackierung wären sie als Schatten sichtbar.
Jedes Einzelteil aus Druckguss, sei es auch noch so klein wie etwa ein Zugrad, hat eine eigene Gussform. „Die wiegt hier circa eine Tonne. Das ist pures Metall, da wird viel Druck reingefeuert“, sagt Eric-Michael Peschel, Leiter des Event-Marketing bei Märklin. Diese Gussform, auch Werkzeug genannt, kostet 70 000 Euro. „Dieses Werkzeug ist das wichtigste Kapital eines Unternehmens.“ Hunderte davon stehen in der Werkzeughalle. „Eine Lokomotive kann aus bis 400 Einzelteilen bestehen“, sagt Peschel.
Jede Menge Handarbeit
Innerhalb der Druckguss-Maschine zieht ein Roboterarm die bei 420 Grad gespritzten Gehäuse heraus und trägt sie auf ein Förderband. Dort kühlt es von 280 Grad auf gut 40 Grad herunter. „Das hat man früher alles mit Hand gemacht.“ Diesen Satz wird Peschel noch öfter sagen bei seiner Führung durch die Fertigung.
Doch es braucht nach wie vor auch jede Menge Handarbeit: In der Druckguss-Nachbereitung etwa schaben, schmirgeln und bürsten Mitarbeiterinnen spitze Kanten weg. „Jetzt fühlt sich das Gehäuse wie ein Babypopo an“, sagt Peschel. Bis die fertige Bahn in den Handel kommt, müssen noch viele Stationen durchlaufen werden: Galvanik, Vormontage, Lackierung, Handmalerei, Lokmontage, Prüfstelle, Verpackung.
Abgesehen vom Einsteigermodell beginnen die Preise für hochwertige Loks bei 250 Euro. „Die Nachfrage hat nie nachgelassen“, sagt Peschel und fügt hinzu: „Die Eisenbahn lebt.“ Das Unternehmen schaffte jüngst die Kurve aus einer Krise, die Experten zufolge vor allem einem Missmanagement geschuldet war.
An den Produktionsstandorten in Göppingen und in Ungarn werden im Jahr 500 000 Lokomotiven und zwei Millionen Wagen der Marken Märklin, Trix und LGB gefertigt. 1100 Menschen arbeiten in beiden Werken. 2011 lag der Umsatz bei rund 108 Millionen Euro. Zu den Wettbewerbern zählen Marken wie Roco und Fleischmann.
Zehn Millionen Fans
Nach Angaben des Deutschen Spielwarenverbands liegt der Jahresumsatz der Branche bei etwa 350 Millionen Euro. „Nach wie vor geht die stärkste Nachfrage von Sammlern aus, das sind meist Männer ab 20 bis 25 Jahren aufwärts“, sagt Verbandsgeschäftsführer Volker Schmid. Die Entwicklung der Branche sei seit vier Jahren stabil. Etwa zehn Millionen Fans halten der Branche die Treue. „Es ist schon schön zum Anschauen“, sagt Handmalerin Edith Konradzin mit einer Modellbahn in den Händen. Aber ein Fan sei sie nicht.