Die Heftigkeit der Diskussion über das Thema sexuelle Vielfalt im Unterricht hat viele überrascht, auch Kultusminister Stoch. Er selbst bekam tausende Mails – teilweise mit massiven Drohungen.
Die Debatte über das Thema ist nach Einschätzung von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) instrumentalisiert worden. „Da sind offensichtlich Kräfte am Werk, die gezielt eine gesellschaftliche Kontroverse herbeiführen wollen“, sagte Stoch den „Stuttgarter Nachrichten“ am Donnerstag. Es gebe offenbar eine kleine Gruppe, die offen intolerant sei und es schaffe, Ängste zu wecken.
Wenig Toleranz
Er selbst habe unflätige, beleidigende und gewaltandrohende E-Mails in einem nicht mehr zählbaren Umfang bekommen. „Es sind Tausende“. Ihm sei sogar die Steinigung angedroht worden. Wenn es um bestimmte Themen wie Homosexualität gehe, zeige sich, dass das Land in Sachen Offenheit und Toleranz noch lange nicht so weit sei. Wegen der vielen Beleidigungen musste Stoch sogar den E-Mail-Account von seinem Mobiltelefon löschen. „Meine Mitarbeiter sichten die Mails, geben die ernst gemeinten ans Ministerium weiter, und die ganz harten könnten an die Ermittlungsbehörden gehen.“
Seit Jahresbeginn tobt im Südwesten eine Auseinandersetzung zum Stellenwert des Themas sexuelle Vielfalt im Schulunterricht. Anlass ist ein erstes Arbeitspapier zur Reform des Bildungsplans, das eine Aufwertung des Themas vorsieht. Daraufhin hatten Gegner und Befürworter der Pläne Online-Petitionen gestartet und zu Demonstrationen aufgerufen.
Stoch meint, die Debatte beruhe auf einem sprachlichen Problem. „Aufgrund der häufigen Nennung des Themas Sexualität in dem Arbeitspapier konnten bestimmte Personengruppen dadurch den Vorwurf der Ideologie verbreiten.“ Selbstverständlich habe der Bildungsplan aber überhaupt nichts mit Umerziehung oder Indoktrinierung zu tun, bekräftigte Stoch.
Aus der Debatte könne man lernen, dass man bei bestimmten Themen besonders sensibel sein müsse und alles drei- bis viermal betrachten sollte, um Missverständnisse zu vermeiden. „Wenn Sie mich heute fragen, bietet schon das Begriffspaar „sexuelle Vielfalt“ viel Interpretationsspielraum.“ Wenn aber eine öffentliche Debatte vor allem im Internet entstehe, wo mit Zerrbildern gearbeitet werde, habe man es schwer, mit Rationalität und Sacharbeit dagegenzuhalten.