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CHARKOW/KARLSRUHE
Mit dem Auto zur EM
dpa
 |  aktualisiert: 13.06.2012 16:59 Uhr

Rollsplitt knistert, Deutschland-Fahnen knattern im Wind: Zehn Fußballfans aus Karlsruhe reisen in vier Autos quer durch die Ukraine der DFB-Elf zu ihren EM-Gruppenspielen hinterher. Für alle ist die Reise auf der E 40, der längsten Europastraße des Kontinents, ein großes Abenteuer. Eine Woche Urlaub haben Simone, Thorsten, Sebastian und die anderen im Alter zwischen 26 und 50 Jahren geopfert, um die drei Vorrundenpartien zu sehen - Verlängerung nicht ausgeschlossen.

Die Zuversicht ist groß. „Erst einmal schießen wir die Holländer aus dem Turnier, dann sieht man weiter“, sagt Simone und lacht. Gerade ist die Gruppe in Kiew abgefahren, nun sind es 480 Kilometer bis Charkow.

„Ich bin absolut positiv überrascht von der Ukraine“, erzählt Simone und legt einen höheren Gang ein. In den vergangenen Monaten hatten Berichte über das Massentöten von Straßenhunden, Rassismus sowie die in Charkow inhaftierte frühere Regierungschefin Julia Timoschenko die Ex-Sowjetrepublik in Verruf gebracht.

„Es ist zwar nicht alles perfekt, aber die Ukrainer sind nett und geben sich alle Mühe“, meint die 26-Jährige. „Die Schreckensberichte haben sich eigentlich nicht bewahrheitet.“ Draußen bieten Frauen mit Kopftüchern Beeren und Honig am Straßenrand feil. Blühende Bäume geben einen Moment lang den Blick frei auf einen blumengeschmückten Friedhof.

„Es macht Spaß, einfach loszufahren, irgendwo die Füße hochzulegen und ein Bier zu trinken“, sagt Florian. Er war mit seinem zehn Jahre alten VW Polo in Berlin gestartet und hatte immer wieder einmal Anhalter mitgenommen. „Probleme gab es mit einem Aserbaidschaner, der Haschisch dabeihatte“, erzählt der 30-Jährige. Der Fahrgast habe aber schnell seinen gesamten Vorrat bis zur polnischen Grenze aufgeraucht.

„Es geht um eine gemeinsame schöne Zeit und nicht darum, ob Deutschland unbedingt den Titel holt.“

Fußball-Fan Florian über die Reise in die Ukraine

Florian ist die Ausnahme, der Rest der Gruppe hat erst in Lwiw drei Autos angemietet. In die ukrainische Stadt seien die Fans über die Türkei gekommen, sagt Sebastian. „Direktflüge waren zu teuer, da haben wir eben einen kleinen Umweg über Istanbul gemacht.“

Brüsk stoppt eine Polizeikontrolle bei Poltawa, wo das schwedische Heer einst eine historische Schlacht verlor, die Kolonne. Als die Milizionäre die Deutschland-Fahnen im Heck der Autos sehen, grinsen sie. „Bitte weiterfahren - und gewinnen“, sagen die Uniformierten und winken die EM-Gäste durch. Alles andere als normal in dem Land, das im Korruptionsindex der Nichtregierungsorganisation Transparency International den 152. Platz von 183 Ländern belegt.

Autos mit deutschen oder niederländischen Kennzeichen rauschen vorbei, auch Ladas mit ukrainischen Fans. Hupen, Lachen, Victory-Zeichen: Es ist eine lässige Stimmung auf der Straße quer durch das Co-Gastgeberland.

Nach fünf Stunden Fahrt werden vor Charkow die Straßen schlechter. Rund 11,5 Milliarden Euro hat die Ukraine für die Europameisterschaft ausgegeben, längst sollte auch hier neuer Asphalt verlegt sein. Doch Korruption und Schlamperei sorgen für Verzögerungen.

Kurz vor der mit rund 1,5 Millionen Einwohnern zweitgrößten Stadt des Landes fährt die Kolonne zum Tanken, ein Liter Benzin kostet umgerechnet einen Euro. „Es geht um eine gemeinsame schöne Zeit - und nicht darum, ob Deutschland unbedingt den Titel holt“, sagt Florian. Die Gruppe hatte sich via Internet zusammengefunden und schließt weitere Fahrten nicht aus.

In Charkow beziehen die Fans erst ihre Zimmer in einem Wohnheim am Stadtrand, dann geht's in die Fanzone auf dem Freiheitsplatz mit Lenin-Statue. Auch am Sonntag werden alle die deutsche Mannschaft gegen Dänemark unterstützen. Auf der E 40, die von China zum Ärmelkanal führt, sind es von Charkow nach Lwiw etwa 1500 Kilometer. „Eine weitere Herausforderung“, sagt EM-Abenteurer Thorsten.

 
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