zurück
STUTTGART
Mappus kämpft um Schadenersatz
dpa
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:59 Uhr

Als Ministerpräsident kaufte Mappus für das Land EnBW-Anteile zurück und steht seitdem heftig in der Kritik. Dass das Geschäft am Landtag vorbei verfassungswidrig war, lastet er seinen Rechtsberatern an. Und fordert Schadensersatz.

Mappus ist früh dran an diesem Dienstagmorgen. Noch vor den meisten Journalisten huscht der frühere Regierungschef von Baden-Württemberg in den Saal des Landgerichts Stuttgart. Dabei hatten manche gezweifelt, ob der CDU-Politiker überhaupt zu dieser Verhandlung vor der Zivilkammer erscheint. Doch die Sache, um die es geht, scheint ihm sehr wichtig zu sein: Mappus will Schadenersatz von seinen früheren Rechtsberatern von der Kanzlei Gleiss Lutz. Beim EnBW-Deal vor vier Jahren sollen sie ihn falsch beraten haben, als es um die Frage ging, ob das Parlament vorab eingeschaltet werden muss.

Rückblick: Am 6. Dezember 2010 kauft Mappus für das Land einen 45-prozentigen Anteil des Karlsruher Energieversorgers EnBW von der französischen EdF zurück - für 4,67 Milliarden Euro. Angewendet wird das „Notbewilligungsrecht“, um eine Befassung des Landtags zu umgehen. Mappus begründet dies auch damit, dass potenzielle weitere Käufer nichts von dem Deal erfahren sollten und die EDF das Geschäft nicht an Bedingungen knüpfen wollte.

Verfassungswidrig

Kritiker aber sprechen von einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“, die mutmaßlich dazu dienen sollte, Mappus' Image als „Macher“ wenige Monate vor der Landtagswahl aufzupolieren. Doch für Mappus endet der Deal in einem Desaster. Er und die CDU verlieren die Regierungsmacht. Der Staatsgerichtshof beurteilt das EnBW-Geschäft als verfassungswidrig, da es am Landtag vorbeiging. Ein Untersuchungsausschuss beschäftigte sich mit den Vorgängen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreueverdachts gegen den CDU-Mann und seine damaligen Mitstreiter.

Mappus kämpft weitgehend vergeblich um Ruf und Ehre und verweist darauf, dass seine Rechtsberater ihn nicht auf die Risiken bei der Ausschaltung des Parlaments hingewiesen hätten. Also alles die Schuld der Kanzlei Gleiss Lutz? Am Dienstag lächelt Mappus ab und an die Kameras, putzt seine Brille, setzt diese auf, dann wieder ab. Vor Journalisten ist er wortkarg – während der Verhandlung aber äußert er sich durchaus.

Ebenso wie sein Gegenspieler Andreas Schockenhoff, der bei Gleiss Lutz federführend für den Deal zuständig war. Es geht um juristische Fragen wie der Zulässigkeit von Mappus' Klage und die letzten Stunden vor dem Deal.

Mappus' Anwalt Franz Enderle erklärt, der damalige Europaminister Wolfgang Reinhart (CDU, Main-Tauber-Kreis) habe in der Kabinettssitzung am 6. Dezember kritisch nachgefragt. Schockenhoff habe die Existenz rechtlicher Risiken verneint, „ausdrücklich und unmissverständlich und ohne Ausnahme“. Denn sonst - sagt Enderle - hätte das Kabinett gar nicht grünes Licht gegeben.

Mappus nennt noch zwei weitere Situationen, in denen Schockenhoff ausdrücklich nach Risiken gefragt worden sei, am Abend des 5. Dezember im Beisein des damaligen Finanzministers Willi Stächele (CDU) und später bei der CDU-Fraktionssitzung.

Schockenhoff entgegnet reichlich verärgert: „Jetzt wird hier auf einmal behauptet, es hätte am Abend des 5. Dezember intensive Nachfragen gegeben. Das ist völlig unwahr.“ Er habe niemals explizit irgendwelche Risiken ausgeschlossen. Er nährt hingegen den Verdacht, dass das Geschäft auf Biegen und Brechen abgeschlossen werden sollte.

Schockenhoff berichtet von einem Anruf von Mappus' Berater Dirk Notheis von der Investmentbank Morgan Stanley, in dem dieser „ganz schön eindringlich“ geworden sei. Notheis habe verlangt zu prüfen, ob die Ausschaltung des Parlamentes nur „irgendwie“ zu begründen sei. Diese „Absegnungsmail“ habe er dann geschrieben.

Die Vorsitzende Richterin Dorothea Grämmer will schließlich wissen, ob sich Kläger und Beklagte schon Gedanken über eine gütliche Streitbeilegung gemacht haben. Beide Seiten wiegeln ab – auch mit Verweis auf die noch anstehende Entscheidung der Staatsanwaltschaft über eine mögliche Anklageerhebung gegen Mappus wegen Untreue. Bis zum 20. Januar will sich das Gericht nun Gedanken machen, wie es mit dem Schadenersatz-Streit umgeht und dann eine Entscheidung verkünden.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
dpa
CDU
EnBW Energie Baden-Württemberg AG
Ministerpräsidenten
Morgan Stanley
Verfassungswidrigkeit
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen