Die vor zwei Jahren vorläufig des Amtes enthobene Bürgermeisterin von Niederstetten im Main-Tauber-Kreis, Heike Naber (CDU), kann wieder auf den Chefsessel im Rathaus zurückkehren. Dies teilte das Landratsamt des Main-Tauber-Kreises jetzt mit. Die Dienstaufsichtsbehörde nahm eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zurück. Der hatte die vorläufige Dienstenthebung für rechtswidrig erklärt.
Es gelte nun, das Urteil zu respektieren, und genau dies erwarte er von allen Beteiligten, erklärte Landrat Christoph Schauder (CDU). "Es ist die Aufgabe von aufrechten Demokratinnen und Demokraten, rechtskräftige Urteile einer unabhängigen Justiz und damit eines Eckpfeilers unseres demokratischen Gemeinwesens vorbehaltlos zu akzeptieren, auch wenn ein Urteil von Einzelnen als ungerecht empfunden werden sollte", lässt sich Schauder in einer Mitteilung des Landratsamts in Tauberbischofsheim zitieren. Er forderte alle Beteiligten, allen voran die Bürgermeisterin und die Mitglieder des Gemeinderats auf, "zu einer professionellen Zusammenarbeit zurückzufinden".
Klagen über Pflichtverletzungen und "krankmachenden Führungsstil"
In erster Instanz hatte bereits das Verwaltungsgericht Stuttgart die vorläufige Amtsenthebung beanstandet. Der damalige Landrat Reinhard Frank (CDU) hatte die Bürgermeisterin im Frühjahr 2021 vorläufig aus dem Rathaus verbannt. Drei Jahre nach ihrem Amtsantritt kam für Heike Naber das vorläufige Aus. Frank sah das Vertrauensverhältnis zwischen Gemeinderat und Verwaltung auf der einen und Bürgermeisterin auf der anderen Seite vollständig und dauerhaft zerstört.
Hintergrund war ein Zerwürfnis zwischen Gemeinderat und Stadtchefin wegen vermeintlicher Pflichtverletzungen. Medienberichten zufolge wurde Naber unter anderem vorgeworfen, sie habe einen Baufachmarkt gekauft und Verträge mit Architekten über mehrere hunderttausend Euro abgeschlossen, ohne den Gemeinderat zu fragen. Auch ihr "krankmachender Führungsstil" gegenüber Mitarbeitenden der Verwaltung im 4800-Einwohner-Städtchen wurde kritisiert. Ende 2020 erkrankte die Bürgermeisterin für mehrere Monate.
Stellvertreter ließen Schlösser im Rathaus ausbauen
Nachdem ein externer Berater die Lage vor Ort analysiert und die meisten Vorwürfe bestätigt hatte, enthob das Landratsamt die Bürgermeisterin Ende April 2021 ihres Amtes. Im Rathaus Niederstetten ließen die Stellvertreterinnen der Bürgermeisterin die Schlösser ausbauen, um eine Rückkehr von Naber zu verhindern.
Die Verwaltungsrichter beider Instanzen erklärten das Vorgehen des Landkreises für rechtswidrig. Sie beklagten vor allem formelle Mängel im Umgang mit Naber, allen voran die "de facto unterbliebene Anhörung der Bürgermeisterin". Landrat Schauder, der seit Juni 2021 im Amt ist, kündigte an, das 2021 begonnene Disziplinarverfahren gegen die Bürgermeisterin wegen der mutmaßlichen Amtsverstöße neu aufzurollen. Eine Amtsenthebung stehe aber nicht mehr zur Debatte.
Bürgermeisterin Naber war am Dienstag im Rathaus Niederstetten nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung sagte auf Nachfrage, man erfahre am Mittwoch, wann die Stadtchefin an ihren Arbeitsplatz zurückkehre.
(mit Informationen der dpa)
Hinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, das Landratsamt habe die Schlösser im Rathaus Niederstetten ausbauen lassen. Diese Information war falsch. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.