Für ein volles Haus sorgte Bestseller-Autor Robert Seethaler bei „Literatur im Schloss“ in Bad Mergentheim mit der Vorstellung seines Buches „Das Feld“. Als der gebürtige Wiener mit einer viertelstündigen Verspätung eintraf, begann die Journalistin und Lektorin Beatrice Fassbender mit ihrer Moderation, um dann gleich festzustellen, dass sie auf Wunsch des Autors auf das gewohnte Frage-und-Antwort-Spiel verzichten werde.
Ihre dennoch gestellten Eingangsfragen wehrte Seethaler, der inzwischen in Berlin-Kreuzberg lebt, mit viel Charme und breitem Lächeln ab. Es sei immer der schlimmste Augenblick, wenn er plötzlich so vielen Zuhörern gegenübersitze, so wie auch zuvor im Nationaltheater Mannheim mit 500 Zuhörern, die ihm auf den ansteigenden Rängen „wie eine Wand vor ihm“ vorgekommenen seien.
Auf Friedhöfen fühlt sich Seethaler wohl
So wurde es nichts mit dem angekündigten Gespräch über seine Literatur und Leidenschaften. Angesprochen wurde immerhin sein Bestseller „Der Trafikant“, der auch verfilmt wurde, und seine Leidenschaft für Friedhofe. Hier fühlt sich Seethaler wohl und hat sich zu seinem Buch „Das Feld“ inspirieren lassen; verortet auf dem verwilderten Friedhof der fiktiven Kleinstadt Paulstadt. Tiefsinnige Betrachtungen über seine Arbeit als Schriftsteller sind nicht sein Ding; er will sein Buch sprechen lassen und greift dann ohne Umschweife zu einem Packen Manuskriptseiten im DIN A4-Format.
Man merkt, dass Seethaler als Schauspieler keine Mühe hat, ausdauernd mit angenehm-sanfter Vorleser-Stimme die Zuhörer zu fesseln. So hat er auch den Roman „Der Trafikant“ als Hörbuch eingelesen. Über das Leben von 29 verstorbenen Bürgern der Kleinstadt erzählt Seethaler in „Das Feld“, indem diese aus dem Jenseits einem Zuhörer auf dem Friedhof von entscheidenden Momenten in ihrem Leben berichten. Seethaler pflichtet Beatrice Fassbender bei, dass ihn der Roman „Leben der kleinen Toten“ von Pierre Michon beeinflusst habe.
Tiefenentspannte Rückblicke
Abgeklärt und voller Pragmatismus lässt Seethaler die Verstorbenen von entscheidenden Momenten in ihrem Leben berichten. Ein Vater gibt etwa seinem Sohn 15 Ratschläge, die damit enden, dass es der größte Fehler seines Lebens gewesen sei, nie den Satz „Ich liebe Dich!“ gesagt zu haben. Doch im ersten Ratschlag meint der Vater: "Mach dir keine Mühe, die richtige Frau zu finden. Es gibt sie nicht. Sobald du glaubst, die richtige Frau gefunden zu haben, wird sie sich als die falsche herausstellen.
Immerhin kannst du versuchen, in der Falschen so viel Richtiges zu finden, dass es Spaß macht. Das war es dann aber auch." Wenn Seethaler über Henriette, „eine miesepetrige und besserwisserische kleine Greisin im Sanatorium“ berichtet, ist man gefesselt von einer völlig geerdeten, unprätentiösen Erzählhaltung, die unaufgeregt die letzten Dinge im Leben eines Menschen bis zum Sterben ohne Scheu abhandelt. Tiefenentspannte Rückblicke, die auf geheimnisvolle Weise beglücken.