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MAIN-TAUBER-KREIS
Landwirte fühlen sich übergangen
Statt eines Grabens ist hier nur ein Feldweg: Die Landwirte der Interessengemeinschaft informieren sich am Acker von Martin Häusler (mit Karte) über die Folgen des neuen Wassergesetzes von Baden-Württemberg.
Foto: Ulrich Feuerstein | Statt eines Grabens ist hier nur ein Feldweg: Die Landwirte der Interessengemeinschaft informieren sich am Acker von Martin Häusler (mit Karte) über die Folgen des neuen Wassergesetzes von Baden-Württemberg.
Ulrich Feuerstein
 |  aktualisiert: 07.11.2019 19:32 Uhr

Seit 1. Januar gilt das neue Wassergesetz in Baden-Württemberg. Kaum in Kraft, sorgt es schon für Unmut. Nachteile befürchten vor allem die Landwirte. Sie dürfen künftig einen fünf Meter breiten Randstreifen entlang von Gewässern nicht mehr bewirtschaften. Dagegen regt sich Widerstand. Landwirte aus der Region haben sich jetzt zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen. Sie wollen damit auf ihre Situation aufmerksam machen und nachträglich Veränderungen bewirken.

Mit dem neuen Wassergesetz verfolgt die Landesregierung unterschiedliche Ziele. Sie will nicht nur zum sparsamen Umgang mit Wasser anleiten, sondern auch Gewässer vor stofflichen Belastungen schützen. Ein ökologisch verträglicher Hochwasserschutz und Klimaschutz sind weitere Grundsätze.

„Das hört sich zunächst ganz gut an“, meint Alexander Maag. Für Gewässerschutz sei schließlich jeder. Aber: Gut gemeint sei eben nicht gut genug. Der 25-Jährige ist Nebenerwerbslandwirt aus Vilchband. Problematisch sind in seinen Augen einzelne Bestimmungen. So regelt Paragraph 29 Gewässerrandstreifen. Demnach ist es in einem Bereich von fünf Metern an Gewässern verboten, Dünge- und Pflanzenschutzmittel einzusetzen. Ab 1. Januar 2019 dürfen diese Gewässerrandstreifen gar nicht mehr als Ackerland genutzt werden.

„Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Gewässerschutz soll mit den Landwirten stattfinden und nicht auf Kosten der Landwirte und Grundstückseigentümer“, meint Paul Haberkorn. Den Nebenerwerbslandwirt aus Pülfringen ärgert, dass die Bauern erst nach Inkrafttreten des Gesetzes über den neuen Sachverhalt informiert worden sind. „Die Auslegung dieses Gesetzes ist einseitig und geht auf Kosten von uns Landwirten“. Diese fühlen sich zu Unrecht bestraft. „Wir haben unsere Hausaufgaben doch erledigt“, versichert Alexander Maag. Mit Dünger und Pflanzenschutzmitteln gehe man schon jetzt verantwortungsvoll um. Maag nennt als Beispiel Wasserschutzzonen. Dort seien viele Sanierungsgebiete zu Problemgebieten herabgestuft worden.

Wasserläufe, Kanäle und Gräben, für die das neue Gesetz gelten soll, sind in Karten verzeichnet. Die scheinen allerdings nicht auf dem neuesten Stand zu sein. Ein Vor-Ort- Termin bringt Überraschendes zutage. Martin Häusler hat zwischen Grünsfeld und Zimmern einen Acker gepachtet. Laut Karte soll sich am Grundstücksrand ein wasserführender Graben befinden, von dem er einen Abstand von fünf Metern halten müsse, wenn er Dünger oder Pflanzenschutzmittel ausbringt.

„Ich habe mit den Vorbereitungen für das neue Jahr schon begonnen.“

Martin Häusler,

Landwirt

Den Graben gibt es nicht, stattdessen windet sich ein Feldweg den Hang hinauf. Martin Häusler ist verunsichert: „Ich habe mit den Vorbereitungen für das neue Wirtschaftsjahr schon begonnen.“ Der Acker ist eingesät, Fahrgassen sind angelegt. Änderungen könne er da kaum noch vornehmen. Warum er hier nicht düngen soll, versteht Häusler nicht. Tut er dies, macht er sich freilich strafbar. Die Landwirte sind auch deshalb sauer, weil die Landesregierung mit dem neuen Wassergesetz eine Vorreiterrolle einnimmt. „Der Alleingang verzerrt die Ausgangssituation für landwirtschaftliche Betriebe in Baden-Württemberg“, befürchtet Alexander Maag. Einschränkungen in dieser Form bedeuten seiner Meinung nach einen Nachteil im nationalen und internationalen Wettbewerb. In den vergangenen 15 Jahren habe die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe ohnehin aus Gründen mangelnder Rentabilität aufgeben müssen.

Um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, haben die Landwirte aus der Region eine Interessengemeinschaft gegründet. Vertreter aus dem Main-Tauber-Kreis, dem Neckar-Odenwald-Kreis und dem Landkreis Schwäbisch-Hall machen mit. „Wir lehnen das neue Wassergesetz nicht grundsätzlich ab“, erklärt Alexander Maag. Randstreifen an fließenden Gewässern nicht zu bewirtschaften, sei akzeptabel. Dafür sollte es aber eine faire Entschädigung geben. Gräben, die nicht mehr existieren oder nur periodisch Wasser führen, müssen – darin sind sich die Mitglieder der Interessengemeinschaft einig – aus der Regulierung herausfallen.

Die Interessengemeinschaft hat eine Internetseite eingerichtet. Unter www.ig-gewaesserauflage.com können sich Landwirte informieren. Dort können sie ein Beschwerdeformular herunterladen.

 
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