Land und Kommunen erwarten zuverlässigen Verkehr auf der Tauberbahn und auf der Maintalbahn. Die DB-Tochter Westfrankenbahn GmbH hat zur Verbesserung der seit Monaten schlechten Betriebsqualität ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorgelegt. Den Zugausfällen und Verspätungen will das Bahnunternehmen durch größere Anstrengungen bei der Personalgewinnung, durch rasche Ausbildung weiterer Lokführerinnen und Lokführer sowie durch ein neues, stabiles Fahrplankonzept entgegenwirken. Darüber berichtet das Landratsamt Main-Tauber-Kreis in einer Pressemitteilung, der folgender Text entnommen ist.
Einigkeit bestand beim Qualitätsgipfel in Tauberbischofsheim mit Vertreterinnen und Vertretern des Landes, der Region und der DB-Tochter Westfrankenbahn darin, dass alle in einem Boot sitzen und nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung Verbesserungen tatsächlich möglich sind. Alle Beteiligten waren übereinstimmend der Überzeugung: Die Tauberbahn hat eine Zukunft.
Wissenschaftliche Begleitung
Konkret stellte die Geschäftsleitung der Westfrankenbahn (WFB) bei dem Treffen zur kurz- und mittelfristigen Verbesserung ein Maßnahmenpaket „Fachkräftemangel & Infrastrukturausbau südliche Tauberbahn“ vor. Darüber hinaus vereinbarten das Verkehrsministerium, die Westfrankenbahn, die Landkreise Main-Tauber, Schwäbisch Hall und Miltenberg sowie die landeseigene Nahverkehrsgesellschaft (NVBW), perspektivisch ein neues Fahrplankonzept zur mittelfristigen Verbesserung der Betriebsqualität zu erstellen. Dieses soll auch wissenschaftlich begleitet und untersucht werden, um seine Funktionsfähigkeit und Wirksamkeit zu überprüfen.
Die Erwartungen des Landes an Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit wurden in der jüngeren Vergangenheit nicht erfüllt. Erhöhte Krankenstände beim Fahrpersonal und in den Stellwerken hatten in den vergangenen Monaten auf der Tauberbahn zu zahlreichen Zugausfällen geführt.
"Nach der Bahn muss man die Uhr stellen können"
Der Amtschef des Verkehrsministeriums, Berthold Frieß, betonte: „Die bisherige Qualität der Westfrankenbahn ist nicht akzeptabel. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, dass man nach der Bahn die Uhr stellen kann. Es gilt, verlorenes Vertrauen bei den Fahrgästen zurückzugewinnen. Im Mittelpunkt steht eine wirksame Strategie der DB gegen den offenkundigen Fachkräftemangel.“
Der Landrat des Main-Tauber-Kreises, Christoph Schauder, sagte: „Die Leistung der Westfrankenbahn war in den vergangenen Monaten schlichtweg schlecht, was zu erheblichem Unmut bei uns vor Ort geführt hat. Unabhängig davon erwarte ich es als Selbstverständlichkeit, dass die Fahrgäste bei Verspätungen oder Zugausfällen nunmehr kompetent und vollumfänglich von der Bahn informiert und Reisealternativen bei Zugausfällen aufgezeigt werden. Gerade dies war in den vergangenen Monaten leider nur eingeschränkt der Fall. Es ist absolut inakzeptabel, wenn die Fahrgäste einfach am Bahnsteig stehen gelassen werden.“
Der Landrat des Kreises Miltenberg, Jens Marco Scherf, sagte: „Es ist extrem wichtig für unsere bahnnutzende Bevölkerung, dass die Westfrankenbahn und die beiden Länder als Auftraggeber gemeinsam die Grundlage legen für eine deutlich bessere und dann akzeptable Qualität."
Der Geschäftsleiter Infrastruktur der Westfrankenbahn, Denis Kollai, erklärte: „Mit dem aktuellen Ersatzprogramm können wir einen verlässlichen Fahrplan anbieten. Darüber hinaus haben wir in den letzten Wochen mit Hochdruck ein umfangreiches Maßnahmenpaket erarbeitet. Wir investieren in Infrastruktur und neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für eine bessere Qualität auf der Schiene.“
Abwanderung von Fachkräften
Seit Jahren hat die Bahnbranche in den nördlichen Regionen von Baden-Württemberg mit der Abwanderung von Fachkräften zu kämpfen. Bisher wurden die Auswirkungen des Fachkräftemangels noch vergleichsweise kundenverträglich abgefedert. Seit dem vergangenen Sommer ist dies aufgrund der zusätzlich erhöhten Krankenstände nicht mehr vollständig möglich. Bis zum 28. Mai 2023 fährt die Westfrankenbahn an den Wochenenden daher einen reduzierten Fahrplan und setzt Busse für die Fahrgäste zwischen Schrozberg und Crailsheim ein.
Im "Masterplan Fachkräftemangel und Infrastrukturausbau" sind als kurzfristige Maßnahmen unter anderem Ausbildung und Einsatz von bis zu 18 Triebfahrzeugführern in Kooperation mit DB Regio Baden-Württemberg in der Einsatzstelle in Heilbronn in Schichten auf der Tauber- und Hohenlohebahn vorgesehen.
Mittelfristige Maßnahmen (wirksam ab Juni 2024) sollen sein die Einrichtung einer zusätzlichen Quereinsteigerausbildung im WFB-Ausbildungszentrum für Triebfahrzeugführer, Kundenbetreuer und Fahrdiensteiter im dritten Quartal 2023 sowie eine Beteiligung an der Qualitätsoffensive-BW zur Steigerung der Attraktivität von Berufen im ÖPNV/SPNV.
Langfristige Netzstabilität durch Fahrplanumstellungen?
Als langfristige Maßnahmen (wirksam nach 2024) vorgesehen sind unter amderem das Forcieren der Stellwerks- und Stationsmodernisierung mit Anbindung an das elektronische Zentralstellwerk Niederstetten (Bahnhof Rot am See 2024, Bahnhof Markelsheim 2025 und in den Folgejahren die Bahnhöfe Satteldorf, Blaufelden und Bad Mergentheim).
In den nächsten Monaten soll ein strukturiertes Prüfverfahren vorgenommen werden. Dieses hat das Ziel festzustellen, ob eine langfristige Netzstabilität auf der Tauberbahn und der Maintalbahn erreicht werden kann, wenn der Fahrplan umgestellt wird. Ein zukunftsfähiges neues Fahrplankonzept mit einem stabilen Stundentakt und ausreichenden Pufferzeiten kann den Fahrgästen im Maintal- und Taubertal gegebenenfalls mehr Zuverlässigkeit bringen.