In der Ukraine herrscht Krieg. Putins Angriff markiert eine Zeitenwende. Über Bedeutung und Konsequenzen informierte ein Online-Seminar mit Jugendoffizier Amelie Nägele. Mit den Abiturienten des Tauberbischofsheimer Matthias-Grünewald-Gymnasiums sprach sie über Sicherheitspolitik und Ukraine-Konflikt.
Nägele ist seit 2015 bei der Bundeswehr und bekleidet mittlerweile den Rang eines Hauptmanns. Zunächst als interkulturelle Beraterin tätig, war sie für sieben Monate im Kosovo eingesetzt. Nun referiert sie als Jugendoffizier über Sicherheitspolitik. Der Kontakt der Bundeswehr zur Bevölkerung ist ihrer Meinung nach wichtig, denn "mit dem Wegfall der Wehrpflicht taucht die Bundeswehr in der öffentlichen Wahrnehmung kaum noch auf", so Nägele.
Sicherheitspolitik ist ihren Angaben zufolge aber nach wie vor wichtig. Sie nannte Herausforderungen wie Terrorismus oder Seuchenbekämpfung. "International hängen viele Dinge zusammen", erläuterte sie. Ausführlich nahm Nägele zum Ukraine-Konflikt Stellung. Sie ging auf Veränderungen und Besonderheiten der Kriegsführung ein, beispielsweise durch Propaganda und hybride Kriegsführung.
Eindeutig war ihre Position zu Waffenlieferungen an die Ukraine. Die hält sie für besonders wichtig. Ein militärisches Eingreifen schloss Nägele aufgrund der Gefahr der Ausweitung eines Krieges aus, verwies aber auf eine Änderung der Lage, falls chemische oder biologische Waffen zum Einsatz kämen. Wann ein Nato-Bündnisfall eintrete und welche Konsequenzen das hätte, erklärte sie auch.
Gespannt, wie die für die Bundeswehr versprochenen Gelder eingesetzt werden
Im Kriegsfall die Wahrheit herauszufinden, ist nicht leicht. Nägele nannte als wichtige Informationsquellen Satellitenbilder, Nachrichtendienste und (freie) Journalisten, die sich noch in der Ukraine befinden. Den Schülern riet sie, bei ihrer Recherche die Informationen mehrerer Quellen zu vergleichen.
Nägele beantwortete auch Fragen. So bestätigte sie die insgesamt schlechte Ausrüstung der Bundeswehr. Sie zeigte sich daher gespannt, wie die versprochenen Gelder eingesetzt würden. Deutlich wurde ihre Befürchtung, dass durch eine Erweiterung des Sicherheitsbegriffes am Ende nur ein Teil des Geldes bei der Bundeswehr ankommt.
Gelassen reagierte Nägele auf Fragen zu ihrer Rolle als Frau bei der Bundeswehr. "Ich fühle mich gleichberechtigt", betonte sie. Gendern, um sprachlich die Bedeutung der Frauen sichtbar zu machen, hält sie für nicht wichtig. Die Uniform zeige, dass bei der Bundeswehr keine Unterschiede gemacht würden, also auch sprachlich nicht gemacht werden sollten.
Fach kann Fragen und Verunsicherungen der Jugendlichen aufgreifen
Die Videokonferenz mit einer Expertin zu einem aktuellen Thema kam bei Schülern und Lehrern sehr gut an. Von einer "bemerkenswerten und ungewöhnlichen Unterrichtsstunde" sprach Anna Gnadt. Die Abiturienten fand es sehr interessant, die Sichtweise eines Jugendoffiziers auf den Ukraine-Konflikt kennenzulernen. Nägeles differenzierte Betrachtungsweise hat sie dabei überzeugt: "Es gilt zu entscheiden zwischen moralischen Bedenken und nötigem Handeln, um Sicherheit zu bewahren."
Die Relevanz des Politischen sei deutlich geworden, meinte Dietrich Röbbelen. Der Gemeinschaftskundelehrer zeigte sich davon überzeugt, dass den Schülern klar geworden sei: "Sicherheitspolitik geht jeden von uns an."
"Die aktuellen Ereignisse, der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine und die vielbeschworene Zeitenwende werfen auch bei unseren Schülern viele Fragen auf und sorgen für Verunsicherung", erklärte Tobias Endres. Der Abteilungsleiter ist ebenfalls Gemeinschaftskundelehrer und betonte die Bedeutung des Faches in solchen Zeiten. "Indem wir in Gemeinschaftskunde diese Entwicklungen und auch die Fragen, Sorgen und Ängste der Schüler thematisieren, versuchen wir gemeinsam die Geschehnisse zu sortieren und einzuordnen."