Kein Weihnachten ohne Johann Sebastian Bach. Für viele ist sein Oratorium fest mit dem Christfest verbunden. Es verströmt Jubel und Freude wie kaum eine andere Musik. Der Kammerchor unter der Leitung von Felix Krüger brachte Bachs Weihnachtsoratorium in der Bad Mergentheimer Schlosskirche zur Aufführung. "La strada armonica", ein Orchester mit Experten der historischen Aufführungspraxis, und hervorragende Solisten wirken mit.
"Jauchzet, frohlocket!": Der Jubelruf des Chores, untermalt mit Pauken und Trompetenglanz, eröffnete den Konzertabend und verströmte gleich mit den ersten Takten eine festliche Atmosphäre. Die Zuhörer tauchten ein in die bewegende Geschichte der Weihnacht, die Oliver Kringel (Tenor) als Evangelist meisterhaft erzählte. Anke Hájkova Endres (Sopran), Barbara Buffy (Alt) und Sven Fürst (Bass) als Solisten entfalteten gemeinsam mit Orchester und Kammerchor die zeitlose Pracht von Bachs Musik in ihrer ganzen Tiefe und Schönheit.
Oratorium war ursprünglich für den Gottesdienst verfasst
Bachs Weihnachtsoratorium ist zweifellos eines der beliebtesten und bekanntesten geistlichen Vokalwerke der Musikgeschichte und eines der berühmtesten Werke des Komponisten. Ursprünglich für den Gottesdienst geschrieben, besteht es aus sechs Kantaten von jeweils etwa einer halben Stunde Dauer. Jede Kantate gehört zu einem der sechs christlichen Festtage zwischen dem ersten Weihnachtstag am 25. Dezember und dem Dreikönigstag am 6. Januar. Erst nach Bachs Tod ging man dazu über, die Kantaten als Oratorium aneinandergereiht und als Konzert zumeist in der Adventszeit aufzuführen.
Die Aufführung in der Schlosskirche konzentrierte sich mit den Teilen I bis III auf die eigentliche Geschichte der Weihnacht, wie sie die Evangelien nach Lukas und Matthäus erzählen: beginnend mit dem Befehl des Kaisers Augustus, alle Bewohner des Reichs in Steuerlisten einzutragen, über die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem bis zur Anbetung durch die Hirten.
Das Werk bezauberte die zahlreichen Zuhörer mit seinen Melodien und Harmonien. Berühmt sind die festlichen Eingangschöre mehrerer Kantaten, die vom vollen Orchester begleitet werden. Rezitative leiteten zu Arien über, die musikalisch und auch in ihrem theologischen Inhalt das Rückgrat des Oratoriums darstellten, teils solo vorgetragen, teils auch als Duett. Zwischen den Arien erklangen einige umfangreichere Chorsätze, etwa "Ehre sei Gott!" oder "Lasset uns nun gehen gen Bethlehem".
Bachs "Parodieverfahren" schafft für das Publikum Wiedererkennungswert
Besonders reizvoll für das Publikum war Bachs Kunstgriff, im "Parodieverfahren" ältere eigene Melodien und auch Kirchenlieder in größerem Umfang wiederzuverwenden und mit neuen Texten zu versehen. So stammt beispielsweise der beliebte Eingangschor der ersten Kantate aus einer Glückwunsch-Kantate zum Geburtstag von Maria Josepha, Kurfürstin von Sachsen. Einen hohen Wiedererkennungswert hatten auch Melodien, bei denen bekannte Kirchenlieder wie "O Haupt voll Blut und Wunden" oder "Vom Himmel hoch" als Basis dienten.
Jubel und Freude, und gleichzeitig Wärme: Die Aufführung in der Schlosskirche umspannte eine große Bandbreite an musikalischen Formen und Stimmungen. Chor, Orchester und Solisten meisterten die Anforderungen bravourös. Zum besonderen Reiz des Konzerts gehörte, dass der Kammerchor mit "La strada armonica" ein herausragendes Ensemble an seiner Seite hatte. Es war schließlich Dirigent Felix Krüger, der mit freundlicher, aber bestimmter Stabführung allen Akteuren Höchstleistungen entlockte und so ein musikalisches Gesamtkunstwerk entstehen ließ.