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STUTTGART
Institute züchten robuste Rebsorten
Pilzresistente Rebsorte       -  Robuste neue Sorte: Weingärtner Christoph Klopfer zeigt eine Traube der pilzwiderstandsfähigen Weinsorte VB Cal. 1-22, die Klopfer selbst „Mauerpfeffer“ nennt.
Foto: Marijan Murat/dpa | Robuste neue Sorte: Weingärtner Christoph Klopfer zeigt eine Traube der pilzwiderstandsfähigen Weinsorte VB Cal. 1-22, die Klopfer selbst „Mauerpfeffer“ nennt.
dpa
 |  aktualisiert: 13.10.2016 03:48 Uhr

Der alte Trollinger musste raus. Die Reben, die der Großvater einst angebaut hatte, waren alt und somit jenseits der guten wirtschaftlichen Nutzbarkeit. Was also anpflanzen? Die Hoch-Zeiten vom Trollinger seien vorbei, dachte sich Jung-Weingärtner Christoph Klopfer. „Ich will nichts gegen Trollinger sagen – das ist ein schöner fruchtiger Wein für den Sommer.“ Aber aus so einer guten Lage „musst Du mehr rausholen“. Also entschied er sich für etwas ganz Neues.

Der Ökowinzer steht auf seinem idyllisch terrassierten Weinberg in Stuttgart, blickt auf den vorbeifließenden Neckar. Drei Jahre ist es her, da pflanzte er die Rebsorten-Züchtung VB Cal.1-22. Was wie ein wissenschaftliches Experiment klingt, ist ein in der deutschen Weinbranche keineswegs seltenes Vorhaben. Es geht um sogenannte Piwis, das Kürzel für pilzwiderstandsfähige Rebsorten. Hierbei werden europäische Pflanzen mit Reben aus Amerika oder Asien gekreuzt. Dabei wird die natürliche Widerstandsfähigkeit der fremden Arten übernommen.

Später werden die Sorten mehrfach mit anderen europäischen Reben gekreuzt, damit sie geschmacklich nah beim heimischen Ursprung sind – die Pilz-Widerstandsfähigkeit bleibt trotz Rückkreuzungen drin. Der Vorteil: Die Winzer müssen deutlich weniger spritzen als bei Spätburgunder, Riesling oder eben Trollinger. Ein einziges Mal habe er dieses Jahr spritzen müssen, berichtet Weingärtner Klopfer. Bei den anderen Rebsorten, die er und seine Eltern anbauen, seien es etwa zehn Mal gewesen.

Falscher Mehltau kein Thema

Das Stöhnen in der Weinbranche über die Pilzerkrankung Falscher Mehltau war dieses Jahr laut, das feuchte Frühjahr sorgte für teils massiven Befall. Auf seinem Stuttgarter Weinberg sei das dank der pilzwiderstandsfähigen Rebsorte kein Thema gewesen, sagt Klopfer.

Das Staatliche Weinbau-Institut in Freiburg arbeitet an der Entwicklung der Sorten. Dort sagt Ernst Weinmann, Leiter vom Referat Resistenz- und Klonenzüchtung: „Mit Piwis kann man die Pflanzenschutz-Mengen auf ein Drittel bis ein Fünftel reduzieren.“ Früher galten Piwis als minderwertig, sie schmeckten nach Erdbeere. Dies lag am sogenannten Foxton, einer Begleiterscheinung der Kreuzung.

„Heutzutage sind Piwis hingegen frei von Foxton, heute sind das alles Qualitätsweine“, sagt Zuchtexperte Weinmann und verweist beispielsweise auf den Johanniter, eine Kreuzung aus Riesling, Gutedel, Grauburgunder und amerikanischen Sorten.

Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut (DWI) pflichtet Weinmann bei: Es gebe geschmacklich keine Abstriche bei Piwis. „Piwis sind ein wichtiger, zukunftsorientierter Bereich in der Weinwirtschaft.“ Zahlen belegen hingegen nur auf ein zartes Wachstum: Der Piwi-Anbau stieg laut DWI von 2005 bis 2015 um 100 auf 2400 Hektar, es sind also nur 2,4 Prozent der deutschen Weinbaufläche. „Die Krux an der Sache sind die Namen – die meisten Konsumenten kennen keine Piwis, also fehlt ein Kaufanreiz“, sagt Büscher.

Winzer Bastian Klohr aus der Pfalz baut seit langem die Piwi-Sorten Regent, Solaris und Cabernet Blanc an. Auf seinen Flaschen zu finden sind die Namen aber nicht, er nutzt sie für Cuvées, also Weine aus mehreren Rebsorten. „Dem Konsumenten sind die Namen nicht bekannt, das ist ein Verkaufshemmnis – der Name einer Rebsorte ist nun mal eins der wichtigsten Entscheidungskritierien beim Wein.“

Den Wein nennt er Mauerpfeffer, ein „Kunstname“, wie er sagt. Zum einen will er mit dem Namen darauf hinweisen, dass der Wein auf terrassierter Steillage – an Mauern – wächst. Zudem gibt es an dem Hang eine Pflanze mit genau diesem Namen, ein grünes Mauergewächs. 19 Euro kostet die Weinflasche, fast das Dreifache des Preises, was die Klopfers für den bis 2011 an der Steillage angebauten Trollinger nahmen.

 
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