Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg fördert modellhaft die Untersuchung der Nutzung der Elektrolysekoppelprodukte an den vier Kläranlagenstandorten Bad Mergentheim, Heilbronn, Tauberbischofsheim und Wertheim und hat sich von dem ganzheitlichen Ansatz des Projektkonsortiums überzeugen lassen. Ziel ist es, nicht nur grünen Wasserstoff an den vier Standorten zu erzeugen, sondern vor allem die Nebenprodukte der Elektrolyse zielgerichtet zu nutzen, um an den Kläranlagenstandorten die Abwasserreinigung zu verbessern und zur Energieeinsparung beizutragen. Darauf weist die Wasserstoffallianz Main-Tauber in einer Pressemitteilung hin, der außerdem folgende Informationen entnommen sind.
Das Land wird gleichzeitig die Erstellung eines Leitfadens zur Prüfung von solchen Elektrolysevorhaben auf Kläranlagen in Baden-Württemberg fördern, um die im Rahmen des Vorhabens gewonnenen Erkenntnisse in die Umsetzung zu bringen. Die Untersuchung der Machbarkeit zum Einsatz der Koppelprodukte aus Wasserstoff-Projekten und der Erarbeitung eines Leitfadens wird von einem Konsortium aus dem Zentrum für innovative Abwassertechnologien an der RPTU Kaiserslautern-Landau (tectraa e.V.), der H2 Main-Tauber GmbH, der Hydro-Ingenieure Energie & Wasser GmbH und dem Steinbeis-Innovationszentrum Energieplus bearbeitet und vom Institut tectraa e.V. mit dem Expertenteam von Prof. Dr. Heidrun Steinmetz geleitet.
Dass diese Koppelproduktnutzung möglich ist, haben erste Studien an Kläranlagenstandorten in Rheinland-Pfalz bereits aufgezeigt. Die H2 Main-Tauber GmbH arbeitet gemeinsam mit Städten und kommunalen Stadtwerken im Main-Tauber-Kreis und darüber hinaus an Projekten zur regionalen Erzeugung von grünem Wasserstoff, um den Weg zu erfolgreichem Klimaschutz im Verkehr und in der Industrie maßgeblich zu unterstützen. Derzeit vom Steinbeiszentrum energieplus Stuttgart SIZ unterstützte Machbarkeitsstudien werden im Rahmen der Initiative H2-Quartiere vom Bundeswirtschaftsministerium finanziell gefördert. Mit ersten konkreten Ergebnissen wird im ersten Halbjahr 2024 gerechnet. Diese fließen in das geförderte Vorhaben ein.
Bessere Reinigung mit weniger Energie
Der bei der Elektrolyse erzeugte CO₂-freie Wasserstoff wird für das Betanken von klimafreundlichen Brennstoffzellenfahrzeugen und den Ersatz von fossilem Erdgas und Öl in der Industrie zum Einsatz kommen. Gleichzeitig sollen die bei der Herstellung von Wasserstoff anfallenden Abfallprodukte Wärme und Sauerstoff effektiv genutzt werden. Aus diesem Grund werden Elektrolyseanlagen zur Aufspaltung von Wasser in Wasser- und Sauerstoff zum Teil im Umfeld von Kläranlagen projektiert. Denn Kläranlagen benötigen für die Reinigung von Abwasser Prozesswärme und Sauerstoff für die Versorgung der Bakterienkulturen in den Klärbecken und zur Spurenstoffelimination mittels Ozon.
Überschüssige Wärme wird künftig zusätzlich für kommunale Wärmenetze genutzt und der anfallende reine Sauerstoff wird künftig Umgebungsluft ersetzen, die bislang noch mit hohem Energieaufwand in die Klärbecken gepumpt wird. Der bei der Elektrolyse anfallenden Sauerstoff dient darüber hinaus der lokalen Erzeugung von Ozon, das verbesserte Reinigungsleistungen der Kläranlagen ermöglicht. Mit der Reduktion des Energieaufwands und der Verbesserung der Reinigungsqualität tragen die Kläranlagenstandorte mit ihren innovativen Pilotprojekten gleichzeitig den aktuellen Forderungen der EU und des Landes Rechnung.
Kläranlagen sind prädestinierte Standorte
Steinmetz sieht in dem Projekt ein wichtiges Vorhaben für die Kommunen: "Kläranlagen sind prädestinierte Standorte für die Nutzung der Koppelprodukte aus der Elektrolyse. Sie ermöglichen zum einen, den aktuellen Energiebedarf dieses kommunalen Großverbrauchers spürbar zu senken und damit den zunehmenden Anforderungen nach Energieeinsparung und -effizienz nachzukommen. Zum anderen stellt grüner Sauerstoff aus der Elektrolyse einen wichtigen Rohstoff im Rahmen der geplanten vierten Reinigungsstufen zur Spurenstoffelimination auf Kläranlagen dar, der sonst mit hohem Energieaufwand an anderer Stelle hergestellt werden müsste. Gleichzeitig rücken Kläranlagen auch verstärkt im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung als wichtige Energiequelle in den Fokus. Dies unterstreicht die Bedeutung dieser Standorte im Rahmen der Sektorenkopplung."