Hündin Luisa hat keine Vorderbeine. Dank eines speziellen Rollstuhls kann sie aber wieder laufen. Teile der Gehhilfe kommen aus dem 3D-Drucker. Könnte das ein neuer Trend für die Technologie werden?
Wenn Luisa läuft, sieht sie entweder aus wie eine Robbe – oder wie ein kleines Känguru. Denn die Hündin wurde ohne Vorderbeine geboren. Und wenn sie herumtollt, schiebt und drückt sie ihren Oberkörper über den Boden. Oder sie richtet sich auf und hüpft auf ihren Hinterbeinen.
Etwas weniger elegant sieht es aus, wenn Luisa stehen bleibt: Dann macht es „plumps“ und der Mischling knallt mit dem Kopf auf den Boden. Um der Hündin das Fortbewegen zu erleichtern, hat ihre Familie in Riedhausen bei Ravensburg etwas für sie erfunden: Eine Art Rollstuhl aus dem 3D-Drucker. „Streng genommen kommt nur die Brustschale aus dem Drucker“, sagt Manuel Tosché, der mit seiner Partnerin Petra Rapp die Straßenhündin aus Italien aufgenommen hat.
Entwickelt wurde Luisas Fahrgestell von ihrem Sohn und seiner Freundin: Rechts und links zwei Vorderräder, in der Mitte ein Stützrad und die Brustschale, die mit weichem Plüsch überzogen ist. Der Vorteil: Da Tosché und Rapp selbst eine Firma zur Entwicklung und Herstellung von 3D-Druckern führen, kann die Brustschale sozusagen mit Luisa mitwachsen. Wird die Hündin größer, wird einfach eine Neue ausgedruckt.
Die Anleitung für das Fahrgestell stellte die Familie ins Internet, um vielleicht auch anderen Tieren helfen zu können. Denn gerade für individualisierbare Einzelteile sei die Technologie des 3D-Drucks besonders geeignet, sagt Alexander Stefas vom „FabLab“ in Darmstadt. Das Labor ist im Rahmen des Forschungsprojekts „Fabbing and Founding“ entstanden. Dort stehen 3D-Drucker, Scanner und andere Werkzeuge öffentlich zur Verfügung, damit sich Tüftler, Forscher und Programmierer zum gemeinsamen Arbeiten treffen können.
Luisa ist zudem nicht das erste Tier, dem mit 3D-Technologie geholfen wurde: In den USA erhielten beispielsweise ein misshandelter Tukan eine Schnabelprothese und eine Schildkröte einen neuen Panzer aus dem Drucker. Alexander Stefas hat sogar von einem Fisch gelesen, dem eine Schwimmhilfe gedruckt wurde. Könnte die Technologie denn auch in der Tiermedizin von Nutzen sein?
Grundsätzlich ja, sagt Prof. Martin Kramer von der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Allerdings brauche sie noch eine ganze Weile, um sich auch in Europa wirklich durchzusetzen, da sie mit nicht unerheblichen Zusatzkosten verbunden sei. „Ganz sicher ist es aber eine hochinteressante Entwicklung, die wahrscheinlich nicht nur in Einzelfällen Einzug halten wird.“
Eine wirkliche Innovation stelle der 3D-Druck beispielsweise bei komplexen Frakturen dar, sagte Kramer. „Hier können dann am Modell die Implantate passgerecht angefertigt werden, um diese anschließend bei der Operation verwenden zu können.“
Dass die Technik erst seit wenigen Jahren angewendet wird, sei eigentlich absurd, sagt Stefas. „Die ersten Patente für den 3D-Druck sind von 1986. Wir reden über Technologie aus dem letzten Jahrtausend.“ Dennoch stecke die Anwendung auch in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Bislang werde hauptsächlich mit Kunststoff gedruckt. Aber gerade beim Material entwickelten sich die Maschinen ständig weiter: „Man kann grob sagen, das alles, was schweißbar ist, auch druckbar ist. Man kann Metalle drucken, Polymere - also einen chemischen Stoff aus Makromolekülen - Ton oder Porzellan. Selbst Schokolade kann man drucken.“