"Wenn der Zweck und die Bedeutung der Grenzsteine nicht mehr bekannt ist, fällt ihr Verschwinden kaum auf. Man kann nur erhalten, was man kennt. Was man kennt, sollte man schützen", glaubt Großrinderfelds Ortsvorsteher Walter Lutz. Zusammen mit Walter Kees und den örtlichen Wegewarten Bernd Leuchtweis und Claus Leuchtweis kümmert er sich schon seit mehreren Jahren um den Erhalt und vor allem die Auffindung der ehemaligen Grenzsteine im gesamten Gemeindegebiet. Sogar die Schülerinnen und Schüler der Freiherr-von-Zobel-Grundschule konnte er schon für die Idee begeistern (wir berichteten).
Erst vor kurzem konnten die Hobbyarchäologen einen Grenzstein aus dem Jahr 1490 in einem Waldstück zwischen Großrinderfeld und Tauberbischofsheim wiederfinden. Dafür ist natürlich umfangreiche Recherchearbeit notwendig, gibt Walter Kees zu. Öfter sitzt man zusammen über altem Kartenmaterial und sucht die alten Gemeindegrenzen. Hier kommt ihnen zugute, dass das Ortsgebiet über viele Jahrhunderte wechselnde Besitzer hatte. Neben dem Churfürstentum Mainz oder dem Hochstift Würzburg waren auch das Fürstentum Leiningen und das Großherzogtum Baden Besitzer der Großrinderfelder Ländereien.
"Grenzsteine sind wichtiger Bestandteil unserer Kulturlandschaft und prägen unsere Heimat. Oft machen sie den Reiz unserer Kulturlandschaft erst aus, für manche besitzen sie ein hohes Identifikationspotential. Viele dieser historisch wertvollen Kleindenkmale erzählen eine Geschichte. Dies sollte den Menschen nahe gebracht werden", steht im Antrag auf Förderung aus dem Regionalbudget von Leader Badisch-Franken. Hierhin hatte sich die Großrinderfelder Verwaltung gewandt, um Fördermittel für eine Beschilderung besonders imposanter Grenzsteine zu erhalten.
Interesse der Jugend wecken
Durch die Beschilderung wächst die Aufmerksamkeit nachfolgender Generationen. Insbesondere soll das Interesse der Jugend geweckt werden. Einige dieser Grenzsteine sind als Kleindenkmale nicht nur wegen ihrer geschichtlichen Bedeutung von großem Interesse, sie sind teilweise auch künstlerisch sehr wertvoll. Das Mainzer Rad, das Badische Wappen, das Tauberbischofsheimer Wappen oder das Großrinderfelder Rind sind teilweise noch in sehr guter Qualität auf den Steinen erhalten. Auch kann man ganz unterschiedliche Schriften (Druckschrift, Schreibschrift) entdecken.
Diese wertvollen Kulturgüter sollen aus ihrem "Dornröschenschlaf" ins Licht der Öffentlichkeit gerückt werden. Ortsfremde Menschen nehmen sie in aller Regel staunend wahr und interessieren sich plötzlich für deren Geschichte, haben Lutz und Kees beobachtet. Anders als in Franken, wo es noch das Feldgeschworenenwesen gibt, liegen in Baden-Württemberg viele alte Grenzsteine im Untergrund und führen einen Dornröschenschlaf. In Großrinderfeld sind hingegen viele historische Grenzsteine bereits katalogisiert und in die interaktive Geoportal-Karte des Landratsamtes Tauberbischofsheim eingetragen.
Vor allem die imposanten Dreimärker, also Grenzsteine, welche das Hoheitsgebiet von drei aneinander stoßenden Gemeindegrenzen markieren, sind besonders auffällig. Insgesamt sieben Stück zeigen die alten Grenzen zwischen Schönfeld, Ilmspan und Gerchsheim, Gerchsheim, Ilmspan und Großrinderfeld, Paimar, Ilmspan und Großrinderfeld, Paimar, Grünsfeldhausen und Großrinderfeld, Tauberbischofsheim, Impfingen und Großrinderfeld, Werbachhausen, Impfingen und Großrinderfeld oder Gerchsheim, Altertheim und Großrinderfeld. Hinzu kommen noch weitere besonders schöne Grenzsteine, welche die Grenze zwischen dem Königreich Bayern und dem Großherzogtum Baden zeigen.
Hinweistafeln werden angebracht
Diese und noch viele weitere Grenzsteine sollen in den kommenden Wochen mit Hinweistafeln versehen werden, denn alle lassen sich erwandern. Um diese Aufgabe bewältigen zu können, hatte man bei Leader einen Zuschuss über 60 Prozent der förderfähigen Kosten von knapp 11 000 Euro gestellt und den Zuschlag erhalten. "Eine Förderung für die Sicherung von Grenzsteinen hatten wir noch nie", freute sich Alfred Beetz, der Vorsitzende der Leader Regionalgruppe. Sie geben einen Einblick in die Geschichte des Landes, stellte er fest. Und auch Bürgermeister Johannes Leibold sieht durch die Sicherung der Grenzsteine ein Stück Geschichte bewahrt. "Sie sind unser Erbe und symbolisieren, woher wir kommen".
In den kommenden Wochen wollen alle am Projekt Beteiligten mit Hochdruck an der Umsetzung arbeiten. Einen ersten Entwurf für die jeweiligen Infotafeln für die Grenzsteine hatte Walter Kees schon zum Termin am Dreimärker zwischen Großrinderfeld, Gerchsheim und Ilmspan mitgebracht. Wenn alles fertig ist, plant man ein großes Einweihungsfest, vereinbarten die Ortsvorsteher von Gerchsheim (Heinz Schmitt), Ilmspan (Hubert Kraus) und Großrinderfelds Bürgermeister Johannes Leibold. Die alle sind stolz auf das Projekt, das von Ehrenamtlichen initiiert wurde.