Immer wieder bringen sogenannte "Dachbodenfunde" interessante Dinge zum Vorschein. So auch in Großrinderfeld. Ein gebundenes Werk über den Krieg 1870/71 gegen Frankreich umfasst rund 450 Seiten mit zahlreichen Berichten, Landkarten, Zeichnungen (Holzschnitte) und Portraits von kommandierenden Generälen der beiden Kriegsparteien. Das Entstehungsjahr des Bandes ist nicht bekannt, da nirgends eine Jahreszahl zu finden ist, wahrscheinlich ist es in den Siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden.
Auf der Rückseite des vorderen Einbandes steht mit Bleistift geschrieben: Bernhard Leuchtweis, geboren 1858. Die Nachforschungen haben ergeben, dass sein Vater Martin Leuchtweis kein Kriegsteilnehmer war, denn der Name des Vaters steht nicht auf dem vor dem Rathaus stehenden Kriegerdenkmal. Dort stehen weitere Kriegsteilnehmer und ein verstorbener Kämpfer. Zweimal taucht der Name Leuchtweis auf, es könnte sich um Verwandte von Bernhard Leuchtweis handeln. Heute leben noch zahlreiche Ur- und Ururenkel von Bernhard Leuchtweis in Großrinderfeld.
Erbfeindschaft mit Frankreich hervorgehoben
Die Gliederung der Kapitel beginnt mit dem Vorwand, der die Erbfeindschaft mit dem bösen Nachbarn Frankreich deutlich hervorhebt. Frankreich hatte kein Interesse an einem starken Deutschen Reich, das sich nach dem Bruderkrieg von 1866 noch als Norddeutscher Bund unter Führung Preußens und den süddeutschen Staaten mit Bayern, Baden, Württemberg, Hessen und der Pfalz ohne Einheit darstellte. Otto von Bismarck nutzte die Frage der Thronfolge in Spanien, um die Einheit Deutschlands voranzutreiben, sehr zum Missfallen Frankreichs.
Der Kriegsverlauf wird im Einzelnen detailliert dargestellt, zahlreiche Gefechte sind mit Zeichnungen untermalt. Dabei wird auch auf die Erfolge der inzwischen "Verbündeten" Armeen aus Bayern, Baden und Württemberg eingegangen.
Hunderttausende Todesopfer und Verwundete
Die innenseitigen Berichte stellen zuerst das Kampfgeschehen auf vielfältige Weise dar. Insgesamt ist der Band in drei große Bereiche gegliedert. Der Krieg gegen Frankreich war zunächst ein Krieg gegen das Kaiserreich mit Napoleon III. an der Spitze. Nach der Niederlage der Franzosen bei Sedan, mit der Gefangennahme des Kaisers, setzen republikanische Kreise den Krieg gegen Preußen und seine Verbündete fort.
Mit der Einnahme von Paris und der Proklamation des Deutschen Kaiserreiches in Versailles sowie der Ausrufung des preußischen Königs Wilhelm zum Deutschen Kaiser war der Plan Bismarcks aufgegangen. Zum Frieden kam es erst, als große Teile Frankreichs von deutschen Truppen besetzt wurden. Die Verluste auf deutscher Seite lagen bei ca. 45.000 Gefallenen und doppelt so viel Verwundeten. Frankreich hatte rund 100.000 Gefallene mehr und nahezu 150.000 Verwundete.
Denkmal in der Ortsmitte von Großrinderfeld
Aufgrund der persönlichen Erlebnisse und der großen politischen Veränderungen in Deutschland blieb der Krieg stark im Bewusstsein der männlichen Zeitgenossen verankert. Zahlreiche Denkmäler, die an die Gefallenen und Kriegsteilnehmer erinnerten, entstanden. Es wurden zahlreiche Straßen und Plätze nach Offizieren und Schlachtorten umbenannt.
Der Sedantag war im Deutschen Kaiserreich ein großer Feiertag und wurde anfangs September aufwendig gefeiert. Das Denkmal in Großrinderfeld wurde an einem zentralen Ort am Marktplatz – dort wo heute zeitweise der Maibaum bzw. die "Osterkrone" steht – errichtet. Als Anfang der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts das Ehrenmal für die Gefallenen von 1914/18 errichtet wurde, hat man das Denkmal seitlich ans Schulhaus versetzt. Bei einer erneuten Platzumgestaltung wurde es wieder ins näher an das Rathaus gestellt.