Trockenhauben, Perücken, Rasiermesser und viele weitere Utensilien aus der Geschichte des Friseurhandwerks werden demnächst in einem Museum in Neu-Ulm gezeigt. Das Museum residierte bislang ganz im Norden Deutschlands, nun zog es aus Platzgründen nach Bayern.
Shampoo in Pulverform, Perücken in unterschiedlichen Farben und Formen, große Trockenhauben, kleine Cremetuben und natürlich unzählige Kämme und Scheren. All diese Raritäten vergangener Tage sind ab kommenden Montag, 7. Januar, im Friseurmuseum in Neu-Ulm zu sehen – und durch die Ausstellungsräume führt ein Mann, dessen Nachname für diese Branche kaum passender sein könnte: Heinz Zopf. Er ist Gründer und Leiter des Museums.
Zu jedem Ausstellungsstück hat Zopf eine Anekdote parat. Zum Beispiel über eine kunstvoll verzierte Barttasse aus der Kaiserzeit erzählt er: „Ein Steg über der Tassenöffnung verhinderte, dass ein mühevoll drapierter Bart beim Trinken beschädigt wurde.“ Der Barttasse wird neben Rasiermessern und -pinseln in den ersten Wochen des neuen Museums die Sonderausstellung „Rasur im Wandel der Jahrhunderte“ gewidmet.
In Neu-Ulm hat Zopf seine zweite Heimat gefunden. Jahrelang war sein Wohn- und Ausstellungsort Eckernförde in Schleswig-Holstein. Aus Platzmangel habe er dort allerdings nicht alle seine 6000 Exponate ausstellen können. Da kam das Angebot der Deutschen Friseurakademie in Neu-Ulm gerade richtig. Die Akademie ließ nach Angaben von Geschäftsführer Harald Gloning für eine sechsstellige Summe ein Museumsgebäude bauen. Im Gegenzug schenkte Zopf der Akademie seine komplette Sammlung.
Extravagante Liebhaberstücke
Zopfs Eltern waren Friseure. Auch er absolvierte in den 1960er Jahren eine Lehre, wollte dann aber lieber selbst unterrichten. Dem damaligen Berufsschullehrer war es wichtig, seinen Schülern das Friseurhandwerk praktisch nahezubringen. Aus diesem Grund entwickelte er vor rund 33 Jahren eine Leidenschaft fürs Sammeln. Im Laufe der Jahre häufte er von Flohmärkten, Antikläden und Friseuren – sogar aus Schweden und England – immer mehr extravagante Liebhaberstücke an. „Mittlerweile habe ich Inventur gemacht und ein digitales Archiv mit Fotos aller Exponate angelegt“, sagt Zopf. Die Werkzeuge und Geräte lassen verblüffende Rückschlüsse auf den Wandel des Friseurberufs zu. So war der Friseur in früheren Jahrhunderten oft auch zugleich Barbier, Bader, Drogist, Visagist oder sogar Wundarzt und Chirurg.
In einem mit 180 Kartons beladenen Lastwagen hat Zopf all seine Ausstellungsstücke von Nord nach Süd durch die ganze Republik nach Bayern bringen lassen. Zwar ist kurz vor der Eröffnung des Museums noch nicht alles perfekt. So sind die Lampen noch nicht ausgerichtet und eine leuchtend orangefarbene Perücke aus den 1980ern liegt inmitten künstlicher Haarpracht aus dem frühen 20. Jahrhundert. Trotzdem wirkt Zopf zufrieden. „Das Ganze ist gelungen“, sagt er. Der Neubau bietet seinen Exponaten auf 300 Quadratmetern viel Platz.
Geschäftsführer Gloning hofft, dass das Museum bei den Besuchern gut ankommt und sich dessen positive Strahlkraft auch auf den Berufsstand überträgt. „Das Ansehen der Friseure in Deutschland ist sehr bescheiden. Wir wollen das ändern und junge Leute wieder dafür begeistern, diesen Beruf zu ergreifen“, sagt Gloning. Er rechnet jährlich mit rund 1500 Besuchern. Weitere Friseurmuseen gibt es unter anderem auch in Darmstadt und Dresden.
In Neu-Ulm hält Zopf in den kommenden Monaten die Augen nach einem potenziellen Nachfolger für seinen Job als Museumsleiter offen. „Es ist nicht leicht, jemanden zu finden“, sagt er. „Vielleicht wird es ein Student.“
Ein Stück fehlt noch
Eigentlich sollte der 70-Jährige längst seinen Ruhestand genießen. Tatsächlich arbeitet er aber noch immer viele Stunden in der Woche zwischen antiken Haarschneidemaschinen, verschnörkelten Spiegeln und ausgefallenen Nackenrollen. Er selbst sieht darin eher ein „leidenschaftliches Hobby“.
Eines fehlt Zopf noch in seiner Sammlung: Ein Perückenkratzer, der früher gegen juckende Kopfhaut geholfen haben soll. Aber natürlich sei er schon längst auf der Suche, verrät er schmunzelnd.