Leonardo da Vinci hat es vorgemacht: Er studierte den Vogelflug, um Flugapparate zu bauen, die nach dem selben Prinzip funktionieren. Auch heutzutage machen Forscher sich zunutze, was Tiere und Pflanzen im Lauf der Zeit entwickelt haben.
Bionik heißt der Fachbereich, der Errungenschaften der Biologie mit den Entwicklungen der Technik zusammenbringt. Die sechsten Klassen am Matthias-Grünewald-Gymnasium in Tauberbischofsheim hatten sich im Rahmen des Fächerverbundes Biologie, Naturwissenschaft und Technik (BNT) intensiv damit beschäftigt. Mit einer Veranstaltung gaben ihr erworbenes Wissen an die Viertklässler der Grundschule am Schloss weiter.
Lotuseffekt erforscht
Sofia drückte ganz vorsichtig einen Wassertropfen aus einer Pipette auf eine rußbeschichtete Glasplatte. Da passierte es: Der Wassertropfen machte sich kugelrund und perlte ab. Die Glasplatte blieb trocken. Der Lotuseffekt war eines der Phänomene, mit denen sich die Schüler bei dieser Veranstaltung beschäftigten.
Nicolas Betzel, Lehrer für den neuen BNT-Fächerverbund, hatte sie mit seiner Kollegin Elvira Gernert vorbereitet. Die Sechstklässler erarbeiteten daraufhin einzelne Stationen zum Thema Bionik. An ihnen führten sie mit den Grundschülern verschiedene Experimente durch und gaben ihnen einen Einblick in ein faszinierendes Gebiet.
Den Lotuseffekt konnten die Schüler an einer weiteren Station erforschen. Dort lernten sie das Kohlrabiblatt kennen. Es kann sich selbst säubern, weil es wasserabweisende Noppen hat. Diese Eigenschaft nutzen beispielsweise Funktionsjacken. An einer solchen machten die Schüler den Test: mit Erfolg, denn der Wassertropfen perlte ab.
Rückstoßprinzip simuliert
Eine andere Station beschäftigte sich mit dem Rückstoßprinzip, das Quallen und Tintenfische anwenden. Ein Luftballon simulierte diese Technik, die auch in der Raumfahrt zum Einsatz kommt. Mit der Lupe erforschten die Schüler außerdem Kletten. Deren Technik haben Kleidungsstücke oder Schuhe kopiert: der Klettverschluss.
Ein Wettrennen fand im Blumenkastenpool statt. Hier überprüften die Schüler die Geschwindigkeit unterschiedlich geformter Holzkörper im Wasser. Die Spindel gewann, weil ihre stromlinienförmige Konstruktion den Widerstand erheblich senkt. Autobauer schauten sich diese Technik ab, um Fahrzeuge zu entwickeln, die weniger Sprit verbrauchen.
Eifrig absolvierten die Nachwuchsforscher die Stationen. Von den Sechstklässlern war Betzel beeindruckt: "Die Großen haben den Kleinen die Experimente sehr gut erklärt." Gernert betonte: "Ohne die Hilfe der Sechstklässler hätte das Projekt gar nicht durchgeführt werden können." Das pädagogische Prinzip "Lernen durch Lehren" habe sich bestens bewährt.
Lernen durch Lehren
Begeistert äußerten sich am Ende auch die Schüler. Leni und Hendrik aus der 6a fanden es toll, einmal selber in die Lehrerrolle zu schlüpfen. Chiara sah die Lehrer, denen sei täglich im Unterricht begegnet, plötzlich mit ganz anderen Augen: „Lehrer haben es manchmal gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten“, räumte sie ein. Ein dickes Lob für die Grundschüler gab es von Alicia: „Alle haben sehr gut mitgemacht.“
Die Grundschüler schwärmten von "tollen Experimenten". Eva freute sich über neue Erkenntnisse: Wie sich Ruß und Wasser miteinander verhalten, habe sie ganz falsch eingeschätzt. Sarah, Luca und Milla bedankten sich bei den Gymnasiasten. "Sie haben uns toll geholfen", betonten die Drei. Fast wie echte Lehrer seien die Sechstklässler gewesen: "Es hat richtig Spaß gemacht, von den Großen unterrichtet zu werden."
Kooperation mit Zukunft
Martina Wamser und Julia Kaufmann, Klassenlehrerinnen an der Grundschule am Schloss, hoben die "tolle Organisation" und "engagierte Durchführung" hervor und berichteten von den begeisterten Reaktionen ihrer Viertklässler: "Unsere Schüler haben einiges mitgenommen und würden sofort wiederkommen."
Von einer "zukunftsträchtigen Kooperation" sprach Oberstudiendirektorin Martina Schlegl. Die Schulleiterin am Matthias-Grünewald-Gymnasium begrüßte es, dass Grundschüler und Gymnasiasten gemeinsam forschen und experimentieren. Das Projekt sei für sie ein Paradebeispiel dafür, wie der Übergang für Kinder gemeinsam gut gestaltet werden könne.