Als sich im Sommer 1866 deutsche Heere in Tauberfranken gegenüber standen, hatte Grünsfeld mit den damals noch selbstständigen Nachbarorten nicht unmittelbar unter Gefechten zu leiden, aber durchziehende und einquartierte Truppen belasteten die Bevölkerung schwer. Wegen der eingeschleppten Cholera waren sogar Tote zu beklagen. Albin Wolfstädter vom Grünsfelder Kulturverein schildert die Geschehnisse vor 150 Jahren:
Als sich die preußischen Truppen Anfang Juli 1866 gegen die süddeutschen Staaten wandten und in Frankfurt einmarschiert waren, sollte eine badische Division die Mainübergänge zwischen Miltenberg und Wertheim sichern. Das 5. Infanterieregiment befehligte Oberst Adolf Keller, der am 14. März 1813 in Grünsfeld geboren wurde. Eine Abteilung seines Regiments traf nach einer Darstellung Klaus Müllers auf der Straße nach Ödengesäß/Nassig auf Preußen und hatte Gefallene und Verwundete zu beklagen. Oberst Keller wurde 1868 zum General befördert und nach seinem Tode 1891 als tüchtiger Truppenführer gewürdigt.
In seiner Heimatstadt Grünsfeld kam es zwar nicht zu Kämpfen, aber zu Truppenbewegungen und Einquartierungen. So erreichte die württembergische Division am 20. Juli die Orte Grünsfeld, Grünsfeld-Hausen und Paimar. 3500 Württemberger mussten mit Fleisch und anderen Lebensmitteln im Wert von fast 14 000 Gulden versorgt werden. Sie sollten bei Tauberbischofsheim den Vormarsch der Preußen stoppen.
Mit der Bahn nach Grünsfeld
Am Morgen des 24. Juli, vor dem Gefecht bei Tauberbischofsheim, bezog auch die österreichisch-nassauische Division durch Paimar und Grünsfeld-Hausen. Zudem war eine Brückenbau-Abteilung von Hanau über Zwingenberg und die noch nicht eröffnete Odenwald-Bahnlinie bis Grünsfeld gelangt. Die österreichisch-nassauische Division rückte noch an das Gefechtsfeld bei Tauberbischofsheim heran, konnte die Preußen aber nicht mehr angreifen.
Am 30./31. Juli 1866 kamen dann badische Truppen auf dem Rückzug nach Grünsfeld. Wieder mussten etwa 1000 Mann versorgt werden. Ihnen folgten Preußen, vor denen man im Taubergebiet große Angst hatte.
Im Stadtarchiv Grünsfeld ist die „Darstellung der einquartierten und verpflegten Truppen ... sowie der auf Requisition abgegebenen Lebensmittel und sonstigen Gegenstände“ erhalten, die der Gemeinderat am 2. Oktober 1866 beurkundete. Demnach wurde die „Vergütung für Quartier „ von den Königlich Württembergischen und den Großherzoglich Badischen Truppen „zum Theil baar bezahlt, zum Theil nachträglich entrichtet“. „70 Mann mit ca 75 Pferden Königlich Württembergische Truppen erhielten vom 21/23 volle Verpflegung und Fouragen...“. Da aber der Truppenteil nicht bekannt war, wollte sich der Gemeinderat deswegen noch an das Kriegsministerium in Stuttgart wenden. Die Aufstellung verzeichnet weiter die Lieferung von Fleisch und Bier durch Metzger Deppisch und Löwenwirt Ruppert. Viele Bewohner sind mit Geldbeträgen aufgelistet, weil sie Holz, Hafer, Heu und Stroh in unterschiedlich großen Mengen geliefert hatten und noch zu entschädigen waren. Von Moses Sichel hatten die Württemberger „Wein 56 Faß“ für 39 Gulden und 12 Kreuzer erhalten.
Ein Spital war in Grünsfeld nicht eingerichtet worden. Andreas Kraft aber forderte 10 Gulden und 30 Kreuzer für zehn Tage „Verpflegung eines kranken und nachher umgestandenen Pferdes“. Fuhren und Botengänge waren „größtentheils nach dem Bundesreglement bezahlt“ worden. Im Anhang ist zu lesen, dass durch „Gewaltthätigkeiten, verübt von Bundestruppen“ zwei Wirte Bierfässer, Porzellanplatten, Teller und Besteck verloren und dem Witwer Joseph Hofmann von bayerischen Truppen bei einer Fuhre gegen Würzburg ein gerüsteter Leiterwagen weggenommen wurde.
Solche Angaben lassen zwar einen Blick auf die Belastungen der Bevölkerung zu, sind aber nicht zu vergleichen mit den großen Schäden an Leib und Leben der Soldaten und in der einheimischen Bevölkerung.
1700 Hamburger Soldaten
Die Cholera wurde wahrscheinlich durch Hamburger Soldaten eingeschleppt. Hamburg hatte sich erst am 5. Juli 1866 mit Preußen gegen Österreich verbündet. Rund 1700 Soldaten erreichten bei brütender Hitze am 28. Juli Hettstadt. Dort starb ein Soldat an der Cholera. Seine Kameraden vom 1. Bataillon wurden am folgenden Tag in Gerchsheim, das 2. Bataillon in Schönfeld einquartiert.
Auch dort erlag ein Soldat der Cholera. Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine Waffenruhe vereinbart. Am 1. August verlegte man das erste Bataillon nach Messelhausen und Kützbrunn, das 2. Bataillon nach Grünsfeld. In Zimmern hatten sich Hamburger Dragoner einquartiert.
Obwohl die beiden Bataillone schnelle Ortswechsel vorgenommen hatten, breitete sich die Cholera weiter aus. Unter der Zivilbevölkerung forderte die Seuche 35 Opfer. In Schönfeld und Dittigheim gab es besonders viele zivile Seuchentote.
„Durch den Verein des ehemaligen Hamburgischen Contingent“ wurde „von dem Hohen Senat der freien Hansa-Stadt Hamburg“ 1897 auf dem Grünsfelder Friedhof ein Denkmal errichtet, um an die 13 Hamburger Soldaten zu erinnern, von denen fünf in Grünsfeld und weitere auf den Friedhöfen Gerchsheim, Großrinderfeld, Kützbrunn, Tauberbischofsheim, Wertheim und Wüstenzell beigesetzt worden waren. Für die Unterhaltung dieses Kriegerehrengrabes bezahlte das Denkmalschutzamt Hamburg bis in die 1970er Jahre einen jährlichen Zuschuss.