
Wie so viele Familien wanderten auch Teile der Familien Oettig und Wenz Ende des 19. Jahrhunderts von Paimar nach Amerika aus. Armut und Überbevölkerung waren damals die treibenden Kräfte, die zu einer wahren Landflucht führten. Die Städte wurden immer größer, die Armut auf dem Land blieb. Doch der Kontakt in die alte Heimat brach nie ganz ab. Und so trafen kürzlich 30 amerikanische Staatsbürger in Paimar ein, die ihre deutschen Verwandten treffen wollten.
Treibende Kraft des Treffens waren Edgar Oettig und seine Kinder Lisa und Markus auf deutscher Seite und Raymond Farrell mit Frau Karen auf amerikanischer Seite. Der Sohn von Madeline Farrell, geborene Oettig, hält schon lange den Kontakt aufrecht. Seine Mutter ist die gute Seele der Verbindung, die schon für zahlreiche Treffen in Deutschland, aber auch in Amerika geführt hat. Ihre Aussage: "We are all Oettigs", war der verbindende Satz des Tages. Madeline spricht noch ganz gut deutsch mit ihren fast 93 Jahren, ihre Kinder, Enkel und Urenkel schon nicht mehr.
Viele hatten sich vor dem Treffen noch nie gesehen
Insgesamt vier Generationen kamen hier nun zusammen, um sich gegenseitig kennenzulernen, aber auch gemeinsam zu feiern. Viele, so weiß Edgar Oettig, haben sich noch nie im Leben gesehen oder gar gewusst, dass sie Verwandte jenseits des Atlantiks haben. So wie Helga aus München, die mit ihrem Mann Janka zu dem Treffen kam. In Paimar erfuhr sie, dass ihr Vater, ein geborener Wenz, sogar in Paimar geboren wurde, später aber nach Kitzingen zog. Die Familiengeschichte interessierte sie eigentlich nie, doch nach dem Treffen hat sie Blut geleckt und will herausfinden, wo der Rest ihrer Familie herkommt.

Da sind die Familien Oettig und Wenz in Paimar schon wesentlich weiter. Sabine Oettig hat einen Stammbaum in Zusammenarbeit mit den anderen Familienmitgliedern erstellt, der auf einer großen Wand während des Familientreffens im Dorfgemeinschaftshaus aufgehängt war. So konnten auch die jüngeren Nachkommen herausfinden, wie die verwandtschaftlichen Verhältnisse sind, wer Onkel oder Tante diesseits und jenseits des Atlantik waren und sind.
Viele Menschen in Paimar haben ihre weitläufige Verwandtschaft aufgenommen
Man ist auch in Amerika relativ ortstreu geblieben, die meisten Verwandten leben im Umkreis von New York City, aber auch in Pennsylvania, Maine oder Kalifornien, so Edgar Oettig. Er und sein Sohn Markus hatten die Hauptarbeit mit der Organisation, unterstützt von seiner Frau Sabine, dem Bruder und der Schwägerin Sabine – die mit dem Stammbaum -, aber auch vielen weiteren Menschen in Paimar, die ihre weitläufige Verwandtschaft gerne aufnahmen. Alle anderen schliefen in einem Hotel in Tauberbischofsheim.
"Die Amerikaner sind so herrlich unkompliziert, die organisieren sich größtenteils selbst", berichtet Edgar Oettig. Alle 30 Personen in Paimar unterzubringen wäre dann doch etwas zu viel gewesen für den kleinen Ort, der an diesem Wochenende auch noch das Dorffest "Unter den Linden" ausrichtete. Ein perfekter Anlass, den Tag mit ganz viel Freude am Kennenlernen bei guter Musik und deutschem Grillgut ausklingen zu lassen.
Doch zuvor traf man sich nachmittags im Dorfgemeinschaftshaus und tauchte sich über die Familien aus. Dabei oblag es Markus Oettig, die Moderation zu übernehmen. Er hat längere Zeit in Amerika gelebt und dank eines Sportstipendiums dort auch studiert. Seine Schwester Lisa machte in New York ein Aufbaustudium zu ihrem deutschen Juraexamen und lernte dabei sogar ihren jetzigen Mann kennen. Die Verbindungen im Leben können schon manchmal wundersam sein, findet Edgar Oettig angesichts der vielen "Zufälle". Bei dem Treffen wurde schnell deutlich, dass man die gegenseitigen Besuche fortsetzen will, auf beiden Seiten, nachdem Markus Oettig dies eingefordert hatte: "Ich hoffe, dass auch die kommenden Generationen das Fortsetzen".

