Das letzte der drei Gesetzesvorhaben von Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hängt in der Warteschleife. Mit dem Partizipations- und Integrationsgesetz will die grün-rote Landesregierung laut Koalitionsvertrag „die Chancengleichheit über soziale und ethnische Grenzen hinweg“ durchsetzen und dafür „verbindliche und messbare Ziele“ definieren. „Wir haben die Eckpunkte schon erarbeitet und mit den Fraktionen abgesprochen, jetzt sind sie in der Ressortabstimmung. Und die gestaltet sich wie immer schwierig“, sagte Öney der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.
Sie geht davon aus, dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann. Sollte das nicht klappen, wird eine Umsetzung – insbesondere nach einem möglichen Regierungswechsel nach der Landtagswahl 2016 – unwahrscheinlich. Denn die Initiative ist in der Opposition umstritten.
Die CDU beispielsweise hinterfragt den Regelungsbedarf und warnt vor bloßer Symbolpolitik. Der Landesverband der kommunalen Migrantenvertretungen Baden-Württemberg (Laka) warnt hingegen vor einem Scheitern. Das Gesetz solle Anleitungen geben, sagte Vorstandsmitglied Rino Iervolino. Doch noch aus einem anderen Grund sei Eile geboten: „Es besteht die Sorge, dass das Thema im parteipolitischen Wahlkampf unter die Räder kommen oder vom konservativen Lager negativ verwendet werden könnte.“ Daher müsse das Gesetz Anfang 2015 auf den Weg gebracht und bis Herbst abgeschlossen sein, sagte Iervolino.
Ein schwieriger Aspekt sei schon die Frage, wen man zur Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund zählt, erklärte Öney. „Da sind zum einen bereits vorhandene Definitionen zu prüfen. Zum anderen könnte die Zurechnung zu dieser Gruppe von nachfolgenden Generationen der Zugewanderten als stigmatisierend empfunden werden.“
Die CDU wirft Öney „erneut mangelndes politisches Geschick“ vor, ihr Ministerium scheitere an einer Führungsrolle gegenüber den anderen Ressorts in der Abstimmung für das Gesetz, erklärte der Landtagsabgeordnete Bernhard Lasotta. Das Integrationsministerium sei „offenbar zu schwach ausgestattet, um einen eigenen Gesetzentwurf mit allgemein akzeptierten Inhalten zu füllen“.
Baden-Württemberg ist das deutsche Flächenland mit dem höchsten Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund - laut Statistischem Landesamt sind es 26,7 Prozent. Bisher haben nur Berlin und Nordrhein-Westfalen Gesetze wie von Grün-Rot geplant; sie dienen als Orientierung. Möglicherweise könnte ein solches Vorhaben auch Anlass für Migranten sein, zur Wahl zu gehen, sagte Laka-Vorstand Iervolino. Öneys erstes Gesetzesvorhaben, das neue Flüchtlingsaufnahmegesetz, war Anfang 2014 in Kraft getreten und kurz darauf das Landesanerkennungsgesetz. Mit diesem wird die Anerkennung von Abschlüssen und Qualifikationen für rund 260 Berufe geregelt.