Die Gegner von Stuttgart 21 dürfen bald nicht mehr vor dem Bahnhof protestieren. Die Demonstranten wollen die Verlegung nicht einfach hinnehmen – und zur Not gegen die Stadt vor Gericht ziehen.
Die Proteste gegen Stuttgart 21 vor dem Hauptbahnhof könnten bald ein Ende haben. Nach Plänen der Stadt sollen die Montagsdemos an einen anderen Platz verlegt werden. „In Zukunft werden wir einen anderen Ort zuweisen“, sagte Bürgermeister Martin Schairer (CDU) am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. Er bestätigte damit einen Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“.
„Das können wir der Bevölkerung nach vier Jahren und fast 200 Demonstrationen nicht mehr zumuten“, sagte er. Er verwies unter anderem darauf, dass es durch die Proteste zu Verzögerungen im öffentlichen Verkehr komme. Laut dem Stuttgarter Nahverkehrsunternehmen SSB gebe es rund um den Bahnhof während der Demonstrationen an 17 Haltestellen Verkehrsbehinderungen. Schairer sagte, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch die Demos nicht mehr gewährleistet sei.
Bislang protestieren die Gegner des Projektes einmal in der Woche vor dem Hauptbahnhof. Als neue Standorte sind nach Informationen der „Stuttgarter Nachrichten“ die Lautenschlagerstraße in der Innenstadt und das Gebiet rund um den Nordbahnhof im Gespräch.
Die sogenannten Parkschützer zeigten sich erstaunt. Von der Stadt habe es bisher keinerlei Andeutungen gegeben, dass die Demos verlegt werden sollen, sagte deren Sprecher Matthias von Herrmann der dpa. Gegen eine Verlegung werde man juristisch vorgehen, kündigte er an. Die Pläne von Schairer bezeichnete er als „PR-Maßnahme der CDU“.
Gegner wollen klagen
Der öffentliche Verkehr sei von den Demonstrationen kaum betroffen, sagte von Herrmann. Lediglich die Bushaltestellen rund um den Bahnhof müssten während der Proteste für kurze Zeit gesperrt werden. Viel größer seien doch die Verkehrsbehinderungen, die aufgrund der Bauarbeiten entstünden, sagte er.
Ordnungsbürgermeister Schairer zeigte sich zuversichtlich, den drohenden Rechtsstreit gegen die Demonstranten zugunsten der Stadt entscheiden zu können. Es seien zahlreiche Informationen zusammengetragen worden, die den Standpunkt der Stadt untermauerten. So seien etwa Daten der Verkehrsleitzentrale, der SSB und des Einzelhandels gesammelt worden, die zeigen sollen, dass das Gebiet rund um die Stuttgarter „Hauptschlagader“ über Gebühr belastet werde.
Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte die Proteste am Freitag noch einmal verteidigt. Die anhaltend kritische Begleitung des Projektes habe seiner Ansicht nach viel bewirkt. Nach dem Massenprotest gegen das Milliardenvorhaben wisse jeder Bauherr und jeder Planer in Deutschland, dass Großprojekte nicht mehr zu realisieren sind, ohne die Bürger vorher zu fragen.
Die auch bundesweit beachteten Demonstrationen hätten das Image der Landeshauptstadt enorm verbessert. „Früher hielten viele Stuttgart für eine verschnarchte Gesellschaft, heute spricht man eher anerkennend von einer interessanten Stadt, deren Bürger sich selbstbewusst in die Politik einmischen.“
Für diesen Montag ist die 200. Montagsdemo geplant. Die Organisatoren rechnen mit mehreren Tausend Teilnehmern. Am 26. Oktober 2009 hatte sich erstmals eine kleine Gruppe von Projektgegnern zum Protest gegen das Bauvorhaben versammelt.