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Bronnbach
Führung in Kloster Bronnbach: Fledermäuse sind nicht blutrünstig
Fledermausfachberater Uwe Scheurich zeigt an einem Schaubild den anatomischen Aufbau einer Fledermaus. Im Hintergrund ist sein Batrecorder zu sehen, mit dem man die Töne der Tiere für den Menschen hörbar machen kann.
Foto: Matthias Ernst | Fledermausfachberater Uwe Scheurich zeigt an einem Schaubild den anatomischen Aufbau einer Fledermaus. Im Hintergrund ist sein Batrecorder zu sehen, mit dem man die Töne der Tiere für den Menschen hörbar machen kann.
Matthias Ernst
 |  aktualisiert: 04.09.2020 02:10 Uhr

"Ich wünschte, ich hätte mehr Fledermäuse bei mir zu Hause. Dann wäre ich die Schnaken endlich los", beschreibt Fledermausfachberater Uwe Scheurich die Hauptnahrungsquelle der fliegenden Säugetiere bei seiner Führung in Kloster Bronnbach. Fledermäuse seien äußerst nützliche Tiere, erfahren die Teilnehmer, die sich am Abend im Kloster versammelt haben. Von den gut 1700 Fledermausarten weltweit gebe es nur drei, die Blut saugen. Sie bevorzugen allerdings Rinderblut, für den Menschen stellen Fledermäuse keine Gefahr dar, so der Fachmann.

Wer tagsüber eine Fledermaus am Boden sieht, sollte das Tier genau beobachten, aber es auf keinen Fall hochnehmen.
Foto: Matthias Ernst | Wer tagsüber eine Fledermaus am Boden sieht, sollte das Tier genau beobachten, aber es auf keinen Fall hochnehmen.

Die Angst vor Fledermäusen, inklusive der blutrünstigen Geschichten, stammt aus dem Mittelalter. Hier waren den Menschen die nachtaktiven Flieger suspekt und deshalb gefährlich. Doch das stimmt in keiner Weise. Auch seien die heimischen Arten nachweisbar nicht in Verbindung mit Covid-19 zu bringen, ebenso wenig wie mit der Verbreitung des Hantavirus. Einzig bei der Verbreitung der Tollwut, könne man Fledermäuse nennen, wobei jährlich ungefähr ein Fall bekannt wird, in dem eine Fledermaus die Tollwut auf den Menschen übertragen hat. Dafür muss der Mensch aber aktiv gebissen werden, was nur möglich ist, wenn man sich dem Tier nähert und es auf Abwehrmodus schaltet. Dabei ritzen kleine Arten, wie die Zwergfledermaus die Oberhaut des Menschen nur leicht an, während größere Tiere, wie das Große Mausohr auch tiefer zubeißen können. Aber richtig gefährlich ist die Fledermaus für den Menschen nicht.

Täglich auf derselben Route unterwegs

Fledermäuse orientieren sich in ihrer Umwelt mittels Ultraschall. Dabei sind sie geschickte und vor allem schnelle Flieger. Es wurden Geschwindigkeiten bis zu 70 Kilometer pro Stunde gemessen. Dabei sind sie wendige und lautlose Flieger. Man sieht sie erst, wenn sie schon wieder an einem vorbeigeflogen sind. Diese Erfahrung machen bei der Exkursion alle Teilnehmer, denn sobald der Batcorder anspricht, schauen alle gebannt in den Himmel. Der Batcorder ist ein Frequenzwandler, der die Ultraschalltöne der Fledermaus für menschliche Ohren hörbar macht. Je nach Art senden Fledermäuse Töne von 18 000 bis 130 000 Hertz aus. Damit orientieren sie sich in ihrer Umgebung.

Fledermäuse sind sehr standorttreu, sagt Scheurich. Sie fliegen täglich auf denselben Routen durch die Luft. Deshalb speichern sie die Wege auch ab. Sie fliegen dann praktisch im Blindflug und schonen so ihre wertvolle Ressource Echolot. Ihre Fressfeinde werden so nicht gewarnt, wenn eine Fledermaus angeflogen kommt und haben wenig Chancen zu überleben. Eine Zwergfledermaus frisst am Tag zwischen 1000 und 1200 Stechmücken. Größere Arten bedienen sich auch bei Heuschrecken oder Nachtfaltern, berichtet Scheurich.

Fachberater wird fast täglich gerufen

Im Moment wird der ehrenamtlich tätige Fachberater fast täglich gerufen. Er bekommt Anrufe, dass Fledermäuse in Privathäusern in der Wohnung seien. In diesem Fall empfiehlt er, die Fenster weit zu öffnen und darauf zu hoffen, dass die Tiere ihren Weg allein nach draußen finden. Andernfalls sollte man ihn oder einen anderen Fachberater anrufen. Sie würden dann kommen und versuchen, die Tiere nach draußen zu locken. "Gekippte Fenster sind eine große Gefahr. Die Tiere kommen zwar ins Haus hinein, aber nicht wieder heraus".

Außerdem ist das Tier häufig in Dachstühlen zu sehen, vor allem in Kirchen. In der Bronnbacher Klosterkirche gibt es beispielsweise eine Kolonie des Großen Mausohrs, in der alten Schreinerei ist eine Kinderstube von Zwergfledermäusen. Scheurich hofft auf mehr Verständnis für die Lebensweise der streng geschützten Tierart, die vielfach von Windkraftanlagen förmlich zerrissen wird. Durch den Unterdruck der sich bewegenden Rotoren platzen der Fledermaus die Lungen. Je Windrad, so vorsichtige Schätzungen, sterben jährlich 20 Fledermäuse. Da kommt schon eine ganze Menge zusammen, berichtet Scheurich, während die Teilnehmer der Führung ihren Kopf in den Himmel richten, um die fliegenden Säugetiere zu sehen.

 
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