Beim EM-Halbfinalspiel der Deutschen gegen Italien wird es voll in den Fandörfern und auf den Public-Viewing-Plätzen im Südwesten. Die Veranstalter gehen von einem friedlichen Fußballfest aus. Die Kultusministerin verordnet Rücksichtnahme gegenüber müden Schülern.
Vor dem EM-Halbfinale zwischen Deutschland und Italien steigt die Euphorie bei Fans und bei den Organisatoren von Public Viewings. So rechnet der Veranstalter des Heilbronner Fandorfs, Stefan Hamann, mit mindestens genauso guter Resonanz wie im Viertelfinale: „Wir wären wieder mit 16 000 Leuten zufrieden, haben aber noch Kapazitäten zum Erweitern.“ In Mannheim ist hingegen schon bei 5000 Fans Schluss. „Bei 5000 müssen wir die Tore schließen. Wer bei uns noch rein möchte, sollte mindestens zwei Stunden vor Spielbeginn da sein“, sagt Organisator Markus Rick.
Rücksicht auf Schüler
Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) rief die Schulleiter dazu auf, an den Tagen nach den EM-Spielen Rücksicht auf müde Schüler zu nehmen. Auf welche Art und Weise dies geschehen könne, etwa durch eine Verlegung des Unterrichts, sollten die Schulen vor Ort entscheiden. „Wir möchten es gerne allen fußballbegeisterten jungen Leuten ermöglichen, ihren Nationalmannschaften die Daumen zu drücken. Je mehr von ihnen sich durch die begeisternden Auftritte von Mesut Özil, Sami Khedira, Andrea Pirlo und Co. dazu anregen lassen, selbst Fußball zu spielen, desto besser“, erklärte die auch für den Sport verantwortliche Ministerin.
In Mannheim und Heilbronn hoffen die Veranstalter auf ein möglichst gemischtes Publikum aus deutschen und italienischen Fans und auf ein friedliches Fest. „Bei den Spielen der italienischen Nationalmannschaft waren immer rund 1500 Menschen da, die sehr euphorisch mitgefiebert haben“, erläuterte Hamann.
Er ist zuversichtlich, dass neben den deutschen Anhängern auch eine große Schar Azzurri-Fans in die Arena pilgert. Er rechnet damit, „dass wir am Donnerstag zwei gut besuchte Fanlager haben, die friedlich miteinander feiern, aber die Stimmung mit Schlachtgesängen anheizen“.
Einen erstaunlichen Trend stellte Rick in Mannheim fest. Danach kommen sogar mehr weibliche Zuschauer als Männer zu den Partien ins Dorf. „Vielleicht liegt es daran, dass den Frauen mit Fußball-Trikots die Kleiderwahl besonders leicht gemacht wird“, scherzte er.
In Tübingen dagegen müssen die Fußballfans nicht nur um einen Platz kämpfen, sondern sich auch ganz schön abstrampeln, wenn sie das Spiel sehen wollen. Im Biergarten des Gasthauses Neckarmüller haben Studenten acht Fahrräder aufgestellt, die beim Strampeln Strom für einen großen Bildschirm erzeugen. Fußballgucken können die Besucher nur, wenn immer acht Freiwillige gleichzeitig in die Pedale treten.
Kein Public Viewing in Stuttgart
Die Stadt Stuttgart steht auch angesichts eines möglicherweise historischen Spiels zu ihrem Verzicht auf zentrales Public Viewing bei der Fußball-Europameisterschaft. „Das hätte die Stadt einen Zuschuss von rund 500 000 Euro gekostet“, erinnerte Stadtsprecher Sven Matis an die Gründe. Bei der Europameisterschaft 2008 habe die Kommune bei der Übertragung der beiden Halbfinal-Spiele, des Spiels um den 3. Platz und des Finales schon 400 000 Euro zugeschossen.
Der Verzicht auf Public Viewing bereits bei der Weltmeisterschaft in Südafrika 2010 sei auch in Absprache mit den Gastronomen erfolgt. Damals hätten Experten in der Stadt mehr als 1500 Live-Übertragungen in den Kneipen gezählt und die Kommune deshalb zur „Public-Viewing-Hauptstadt“ Deutschlands gekürt. Von einer ähnlichen Zahl an Fußball-Erlebnisorten sei auch jetzt auszugehen.