Franken im Europa der Regionen: Unter diesem Thema stand die Beiratstagung des Frankenbundes. Experten wie der Historiker Professor Werner Blessing oder Bayerns früherer Staatsminister Eberhard Sinner beleuchteten den Begriff der Region aus verschiedenen Blickwickeln. Die Mitglieder trafen sich im Grünsfelder Rienecksaal und damit erstmals außerhalb Bayerns.
Der 1920 in Würzburg gegründete Frankenbund hat es sich zur Aufgabe gemacht, die fränkische Kultur zu fördern und das kulturelle Erbe Frankens zu pflegen. Mehr als 90 Jahre nach der Gründung ist das Anliegen aktueller denn je. Die Vereinsstatuten weisen darauf hin, dass es gerade in einer sich ständig verändernden Welt wichtig sei, auf die örtlichen Wurzeln unseres Lebens hinzuweisen und so ein Heimatbewusstsein zu entwickeln.
Der Frankenbund versteht sich als konfessionelle und parteipolitische neutrale Vereinigung. Separatismus jeglicher Art wird abgelehnt. „Uns geht es darum, das kulturelle Selbstbewusstsein der Franken zu pflegen“, versicherte Bundesvorsitzender Paul Beinhofer. Mitglieder des Frankenbundes könnten trotzdem treue Staatsdiener Bayerns sein. Oder von Baden-Württemberg. Schließlich gibt es dort auch Franken. Erst der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 und der Wiener Kongress von 1814/15 zerschnitten die traditionell engen Bande der Franken zwischen Tauber und Main. Darauf wies auch Bürgermeister Joachim Markert in seinem Grußwort hin. „Wir leben Tauberfranken“, erklärte das Grünsfelder Stadtoberhaupt. Eng seien schon immer die Beziehungen zu Würzburg gewesen. Viele Jahre war Grünsfeld Sitz des würzburgischen Amtmannes, von wo aus er Steuern und Abgaben einzog und das Oberamt verwaltete. Mit dem Epitaph der Dorothea von Rieneck besitzt die Pfarrkirche St. Peter und Paul zudem eine Arbeit des berühmten Würzburger Künstlers Tilman Riemenschneider. Um die noch immer bestehende Verbundenheit zu dokumentierten, stellte Markert den Beitritt des Grünsfelder Kulturvereins in den Frankenbund in Aussicht.
Attraktives Image
Den Auftakt der Tagung bildete ein Vortrag von Werner Blessing. Der emeritierte Professor der Universität Erlangen warf die durchaus provokant gemeinte Frage auf, inwieweit Franken überhaupt eine Region ist. Blessing sprach von Franken als „Land vielfältiger Identitäten und Loyalitäten“. Schon in der Vergangenheit habe es sich als offenes, ethnisch gemischtes Gebiet erwiesen, in dem mehrere Herren miteinander konkurrierten. Für Franken, so Blessing, ist schon immer das Ineinandergreifen unterschiedlicher Horizonte kennzeichnend gewesen. Das änderte sich im 19. Jahrhundert. Als Franken durch Napoleon an Bayern fiel, sei mit der Opposition einer bürgerlichen Öffentlichkeit gegen München die Vorstellung einer fränkischen Schicksalsgemeinschaft bis zum Höhepunkt in der Revolution 1848/49 gewachsen. „Die Einbayerung förderte eine massive Frankonisierung.“ Später zerteilten nach Blessings Angaben die Gegensätze zwischen weltanschaulich-politischen Lagern, die mit der allgemeinen Politisierung Deutschland durchzogen, auch Franken. Auf anderem Feld habe es einen neuen gemeinsamen Sinn erhalten: „Folkloristische, altfränkische Züge, die als attraktives Image bis heute gepflegt werden.“ Der frühere bayerische Staatsminister Eberhard Sinner entwickelte eine Perspektive, die sich aus fränkischen Wurzeln nährt. Franken hat nämlich in seinen Augen eine ganze Reihe identifikationsstiftender Angebote. Sinner nannte beispielsweise die Frankenapostel, kulinarische Spezialitäten, den 1. FC Nürnberg und Festivals wie den Kissinger Sommer oder die Fastnacht. Eine dergestalt fränkisch gefestigte Identität dient nach Sinner als Kraftquelle und Halt in einer globalisierten Welt.
Standortvorteil
Evelyn Gillmeister-Geisenhof stellte Überlegungen zur kulturellen und sozialen Identität durch Kleidung an. „Gemeinschaft drückt sich durch Kleidung aus“, machte die Leiterin der Trachtenforschungsabteilung des Bezirks Mittelfranken deutlich. Auch Kommunikation sei durch Kleidung möglich. Anhand zahlreicher Aufnahmen von Hochzeiten, Konfirmation oder Kommunion erläuterte sie ihre These. „Kleidung ist eine nonverbale Sprache“, betonte Gillmeister-Geisenhof.
Anschließend präsentierte Alfred Beetz Grünsfelds Sehenswürdigkeiten im mittelalterlichen Stadtkern. Besucht wurden unter anderem das Amtshaus und die pädagogische Bildhauer- und Steinmetzwerkstatt. Paul Beinhofer zog ein positives Fazit. Durch seine zentrale geographische Lage in Deutschland und Europa besitze Franken einen großen Standortvorteil. Davon gelte es Gebrauch zu machen. „Auf diese Weise können wir grenzüberschreitend fränkische Projekte voranbringen.“