
Bunte Umzüge, Narrentreffen und überall Masken, Schellen und Karbatschen: Im Südwesten sind von Sonntag an wieder die Narren los. Doch während einige – wie beispielsweise Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) – den Beginn der fünften Jahreszeit kaum abwarten können, sehen andere dem Spektakel in den Straßen eher skeptisch entgegen.
CDU-Landeschef Thomas Strobl etwa macht bei der Fasnet zwar mit, seine Begeisterung hält sich aber in Grenzen. „Meine Frau und ich gehen gerne und seit vielen Jahren zu Faschingsveranstaltungen in Württemberg und in Baden. Ganz so enthusiastisch wie meine Frau, eine Südbadenerin, die mit der alemannischen Fasnet groß geworden ist, bin ich aber nicht.“
Auch der aus Ludwigsburg stammende SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel kann nur wenig mit der Fasnet anfangen. „Wir sind eine vom Pietismus geprägte Region.“ Das bunte Treiben habe hier keine historische Tradition. „Deshalb bin ich auch nicht in der Bütt.“ Als Fasnetsmuffel will er aber nicht gelten. „Ich bin kein Muffel, ich bin Skifahrer.“ Ähnlich argumentiert sein Parteifreund und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD): „Als überzeugter Protestant bin ich kein ausgewiesener Fastnachtsexperte, aber auch kein Fastnachtsmuffel. Wenn es in den närrischen Tagen etwas ruhiger ist, versuche ich vor allem viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen.“
Saure Kuttelsuppe
Ganz anders sieht es dagegen bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann aus: „Ich bin ein ausgesprochener “Narr“ und Anhänger der Schwäbisch-Allemannischen Fasnet“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Seit Jahrzehnten bin ich am Fasnetsdienstag Stammgast beim Froschkuttelnessen meiner Heimat-Narrenzunft Gole 1865 e.V. in Riedlingen.“ Dabei werde ein klassisches „Gröscht“ gereicht – bestehend aus einer sauren Kuttelsuppe mit einer Nieren-Einlage. „Natürlich sehe ich auch die Häsgruppen der Gole besonders gerne – vom Gole und der Gelbsucht bis zu den Boppele und Kupfernäs. Darüber hinaus nehme ich immer am „Bräuteln“ in meinem Heimatdorf Laiz teil“, sagte Kretschmann. Er werde in diesem Jahr bei einer Vielzahl von Fasnetsbällen, Umzügen und anderen Terminen dabei sein.
Auch Verbraucherminister Alexander Bonde (Grüne) macht bei der Fasnet gerne mit. Er ist amtierender Träger des „Goldenen Merkur“, der höchsten Auszeichnung der Römer-Garde Baden-Baden. Am 20. Januar muss er das Amt aber schon wieder an seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger abgeben.
Europaminister Peter Friedrich (SPD) fiebert der Fastnacht ebenfalls entgegen: Er sei Mitglied in mehreren Vereinen – beispielsweise der Fasnachtsgesellschaft Niederburg Konstanz oder den Stockacher Laufnarren, sagte Friedrich. „Aktiv bin ich bei den Konstanzer Jakobinern.“ In der Landesregierung seien vor allem er und Ministerpräsident Winfried Kretschmann passionierte Fastnachter. Aber: „Jeder ist auf seine Art närrisch, manchmal nicht nur in der Fünften Jahreszeit.“
FDP-Landeschefin Birgit Homburger sind Narren und Narreteien nicht fremd. Schon von Kindesbeinen an ist sie an närrisches Treiben gewöhnt. „Ich bin großgeworden in der Narrenvereinigung Pfiffikus“, erzählt die Liberale aus Hilzingen (Landkreis Konstanz). Dort trat sie mit ihrem Bruder als Eulenspiegel beim Narrenspiegel – einem bunten Abend mit lustigen Darbietungen – auf. In ihrer Narrenzunft trug die heutige Frontfrau der FDP das Häs des Hanseles. Heute verstaubt dieses traditionelle Kostüm mit Plätzle (bunten Stoffschuppen) und Glocken im Schrank, bedauert die FDP-Bundesvize.
Immer die selben Lieder
Und nicht nur bei den Politikern gibt es Fasnets-Verweigerer: Auch die Soul- und Rocksängerin Joy Fleming kann der Fünften Jahreszeit nichts abgewinnen. „Ich bin keine Faschingsnase“, sagt die Sängerin und Mannheimer Kultfigur („Neckarbrücken-Blues“), die im Kraichgau lebt. Auf den Veranstaltungen würden „immer dieselben Lieder gespielt“ und die Büttenreden seien auch nicht mehr das, was sie einmal gewesen seien. „Ich bin froh, wenn es wieder vorbei ist.“