Es sind nicht die strahlenden Leiter großer Bistümer oder die hohen Würdenträger des Vatikans, die Papst Franziskus an diesem Samstag zu Kardinälen macht.
Er suchte vor allem in der zweiten Reihe – und fand unter anderem den emeritierten Vatikan-Diplomaten Erzbischof Karl Josef Rauber, der auf der Schwäbischen Alb nahe Rottenburg seinen Lebensabend bestreitet. Und plötzlich gehört er zu den rund 200 ranghöchsten Würdenträgern der römisch-katholischen Kirche.
„Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie der Heilige Vater auf mich gekommen ist“, sagt der gebürtige Nürnberger. Bescheiden wie immer. „Ich habe doch nichts Besonderes gemacht.“ Diese Bescheidenheit scheint den 80-Jährigen auszumachen, diesen auffällig gebückt gehenden Mann mit den spärlichen Haaren und dem gütigen Lächeln.
Für Karl Kardinal Lehmann hat Rauber seiner Kirche „mit außerordentlicher Bescheidenheit und hoher Kompetenz still und unauffällig“ gedient. Jetzt bekomme er dafür eine späte Anerkennung. Wer so viel in Rom und in der ganzen Welt für die Kirche tätig gewesen sei, brauche auch irgendwo tiefe Wurzeln, „wo er so etwas wie Heimat findet“, sagt Lehmann. Und das sei für Rauber stets Mainz gewesen, wo er 1959 zum Priester geweiht wurde.
Lehmann ist es auch, der Rauber gleich anruft, als Franziskus die Liste seiner neuen Kardinäle bekannt gibt. Seinen künftigen Kollegen im Senat des Papstes beschrieb Lehmann bei einem Empfang mal so: „Viele schätzen seine hohe Kompetenz und seine Klugheit, nicht minder aber auch seine Gradlinigkeit und seinen Gerechtigkeitssinn.“
Seit 2009 lebt Rauber auf der Liebfrauenhöhe bei Rottenburg. Er betreut als Seelsorger die Schönstatt-Gemeinschaft, bereitet Predigten vor, feiert die Heilige Messe und nimmt den Schwestern die Beichte ab. Regelmäßig spendet er in der Diözese Rottenburg-Stuttgart das Sakrament der Firmung. Was ihm besonders am Herzen liege, wie er sagt, weil es ihn regelmäßig mit jungen Menschen in Kontakt bringe. Sechs Jahre lang, von 2003 bis 2009, ist er Papstbotschafter für Belgien und Luxemburg in Brüssel.
„Ich habe doch nichts
Besonderes gemacht.“
Es ist die letzte Station seines langen Diplomatenlebens, das ihn auch nach Uganda, Ungarn und Moldau sowie in die Schweiz geführt hatte. Vor allem Uganda sei ihm „in bester Erinnerung“ geblieben, sagt er. Rauber gefällt die missionarische Tätigkeit dort.
Papst Johannes Paul II. macht den Deutschen 1990 zum Präsidenten der Päpstlichen Diplomatenakademie in Rom, wo Rauber auch Kirchenrecht studiert hatte. Anschließend geht es in die Schweiz: Rauber hilft einen zähen Streit mit jahrelangen Querelen um den damaligen Bischof von Chur, Wolfgang Haas, beizulegen. Vielleicht Raubers diplomatisches Meisterstück.
Aber auch Autos spielen eine Rolle in Raubers Leben – und Agatha Christie. Legt er die theologische Literatur zur Seite, greife er am liebsten zu Kriminalromanen auch von Raymond Chandler. „Sauber“ müsse ein Krimi aber sein, der ihn fessele, „und nicht so reißerisch“. Bei Autos kann sich Rauber vor allem für die Technik begeistern. Er blättert gerne in Fachzeitschriften, auch über Fotoapparate. „Ich bin ein Leica-Freund“, erzählt er.
Karl Josef Kardinal Rauber heißt er nun. Darauf wolle er aber nur im lithurgischen Bereich Wert legen. „Sonst ist Herr Rauber völlig in Ordnung.“ Bleibt noch die Frage nach seinem Verhältnis zu den beiden Päpsten. „Benedikt war ich wohl immer etwas suspekt“, erinnert sich Rauber. „Er hat bei mir immer das Kritische gewittert.“ Dabei schätze er ihn als Theologen über alle Maßen. An Franziskus gefalle ihm, die Nähe zu den Menschen – „und dass er die Armut im Auge behält“.