Wenn es um Wirtschaftszahlen, Umstrukturierungen oder Finanzpläne geht, sind Familienunternehmen auch im Südwesten eher zurückhaltend. Nun entdecken die ersten Firmen aber, dass ihnen ein bisschen mehr Kommunikation ganz gut tut.
Umsatz und Ergebnis preisgeben? Lieber nicht. Über die Neuordnung der Geschäftsführung sprechen? Ach nein, muss nicht sein. Finanzierungspläne offenlegen? Um Gottes Willen. Viele Familienunternehmen geben sich im Umgang mit der Öffentlichkeit sehr zurückhaltend – insbesondere gegenüber den Medien. Anfragen werden manchmal sehr spät oder nur teilweise beantwortet.
Aber was müssen die Firmen gegenüber Journalisten eigentlich preisgeben? „Theoretisch gar nichts“, sagt Markus Rhomberg, Professor für Politische Kommunikation an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen. „Ich muss als Familienunternehmer nicht mit den Medien sprechen.“
Misstrauen gegenüber Medien
Ganz verstecken können sich die Firmen allerdings nicht: Auch für sie gilt in der Regel eine gesetzliche Publizitätspflicht. So müssen auch Familienunternehmen abhängig von Größe und Rechtsform ihren Jahresabschluss veröffentlichen. Die Zurückhaltung der Firmen sei daher oft gar nicht aufrecht zu erhalten, sagt Rhomberg: „Das Argument gebe ich oft an meine Studenten: Journalisten verstehen ihr Geschäft, die haben einen Zugang zum Bundesanzeiger oder zu Kreditschutzverbänden und können dort nachlesen.“
Gründe für die Intransparenz gebe es gleich mehrere. Für viele gelte beispielsweise: „Ich möchte nicht, dass meine Mitbewerber, meine Lieferanten, meine Mitarbeiter wissen, wie gut oder schlecht das Unternehmen da steht.“ Ein weiterer Grund sei die Zugehörigkeit der Unternehmen zu ihrem Firmensitz. „Gerade in ländlichen Regionen oder kleinen Städten werden Familienunternehmen oft als große Player wahrgenommen“, sagt Rhomberg. „Da will man nicht mit Reichtum oder Gewinnzahlen protzen.“ Gegenüber Medien wiederum herrsche schlicht großes Misstrauen.
Zu den eher verschwiegenen Familienunternehmern im Südwesten gehört beispielsweise Anton Schlecker mit seiner inzwischen Pleite gegangenen Drogeriemarktkette aus Ehingen (Alb-Donau-Kreis). Wenig Präsenz in der Öffentlichkeit zeigt auch Erwin Müller, der einstige Ulmer Konkurrent Schleckers. Zwar ist die Müller-Pressestelle inzwischen sehr bemüht um Kommunikation. Müller selbst, der rund 30 000 Menschen beschäftigt, äußert sich nach wie vor nur sehr selten.
Firmen müssen umdenken
Auch der Wohnwagenhersteller Hymer aus Bad Waldsee (Kreis Ravensburg), der kürzlich einen radikalen Rückzug von der Börse vollzogen hat, hält sich mitunter bedeckt. Auf einer Hauptversammlung Ende April wurden Journalisten gar nicht erst zugelassen. Zu den Gründen – und zur generellen Medienstrategie des Unternehmens – äußerte sich die Firma auch nach mehrfacher Nachfrage nicht. Immerhin: Man bemerke langsam einen Wandel in den Firmen, sagt Rhomberg. „Ich glaube, dass die jüngere Generation in einer ganz anderen Mediengesellschaft aufgewachsen ist. Sie hat ein anderes Verständnis von Transparenz und Privatheit – da hat sich einiges gebessert.“
Verschwiegenheit könne sich ein Familienunternehmen heute ohnehin nicht mehr leisten, sagt Rhomberg. Probleme wie der Fachkräftemangel oder die Suche nach einem Nachfolger ließen sich viel eher lösen, wenn man als Unternehmen öffentlich agiere, statt in Verschwiegenheit zu verharren. Ein Umdenken, dass auch beim Outdoor-Unternehmen Vaude in Tettnang (Bodenseekreis) zu spüren ist. Auch dort wurden jahrelang nur wenige Daten preisgegeben. Inzwischen sei die Linie aber geändert worden: Für 2013 erstelle Vaude einen Nachhaltigkeitsbericht nach den Vorgaben der Global Reporting Initiative - und nenne dabei auch Wirtschaftszahlen.