Die sonore Stimme, der dicke Schnauzer, das herzliche Lachen, die filterlose Reval-Zigarette: Es gibt nicht wenige Attribute, die ganz charakteristisch sind für Ivo Gönner. Vor allem gilt das aber für seine umgängliche Art: Der Ulmer Oberbürgermeister kann kaum drei Schritte über den Münsterplatz laufen, ohne dass er Menschen grüßen und Hände schütteln muss.
Der 64-Jährige gehört zu Ulm wie der höchste Kirchturm der Welt. Seit 1980 sitzt er hier im Gemeinderat, 1992 wählen die Ulmer den Sozialdemokraten zum Rathauschef. Zweimal wird er im Amt bestätigt – zuletzt mit 80,2 Prozent der Stimmen.
Nun mag er nicht mehr. Der langjährige Finanzbürgermeister Gunter Czisch (CDU) wird in einer Woche seine Geschäfte übernehmen. Wieso räumt Ivo Gönner den Sessel? Der OB sitzt im Besprechungsraum neben seinem Büro und zündet sich eine Zigarette an. Müde sei er nicht, sagt er. Aber: „Ich habe für mich entscheiden, das es nach 24 Jahren Zeit für einen Wechsel ist.“
Das SPD-Urgestein hat einiges bewegt in seiner Amtszeit. Gönner begreift Kommunalpolitik als Wettkampf der Städte – nicht nur um Gewerbe, sondern auch um Einwohner. „Wir müssen Bedingungen schaffen, damit die Menschen nicht wegziehen müssen“, sagt er. Und die Donaustadt ist nicht nur tüchtig gewachsen, sondern auch attraktiver geworden: Die Wirtschaft brummt, die Wissenschaftsstadt vernetzt Wirtschaft und Forschung, eine neue Straßenbahnlinie lässt die Stadt bald enger zusammenrücken, am Bahnhof entsteht ein Einkaufsviertel.
Hängen bleiben in den Ulmer Köpfen wird wohl aber vor allem seine verbindliche Art. Gönner hat immer ein offenes Ohr, kümmert sich unermüdlich um alle Anliegen – vom Hundekot über Müllgebühren zum Baustellenlärm. Er ist Lokalfürst mit Leidenschaft. „Er hat eine Gabe, dass die Menschen ihn mögen. Er ist im guten Sinne ein Menschenfänger“, meint Stadträtin Helga Malischewski von der Freien Wähler Fraktionsgemeinschaft. Die 73-Jährige sitzt mit Gönner seit 31 Jahren am Ulmer Ratstisch. „Und obwohl er SPD-Mann ist, hat er nie die Partei vorne hingestellt. Er war für alle da.“
Karl Schwer ist seit 22 Jahren Hausmeister im Rathaus. Er hat Gönner auch schon von Termin zu Termin chauffiert. „Mit dem kann man über alles reden“, sagt der 59-Jährige. „Ich kenne den Mann nicht, wie er schlecht drauf war. Der ist zur Tür reinkomme und hat g'schwätzt.“
Sein ruhiger, unaufgeregter Politikstil wird über Parteigrenzen hinweg geschätzt. Aber Politik hat sich verändert, findet er. „Es ist eine furchtbare Hektik in die Politik gekommen, und das ist meiner Meinung nach schädlich.“
Gönner ist gelernter Jurist, will in der Kanzlei eines Freundes arbeiten. „Mal schauen, ob ich den Beruf überhaupt noch kann“, sagt er.