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Bad Mergentheim
Ein Friseur mit bewegter Vergangenheit
Seit einem Jahr betreibt Delo Hadi seinen eigenen Friseursalon in Bad Mergentheim.
Foto: Linda Hener | Seit einem Jahr betreibt Delo Hadi seinen eigenen Friseursalon in Bad Mergentheim.
Bearbeitet von Sebastian Schwarz
 |  aktualisiert: 29.11.2024 15:50 Uhr

Wenn Friseurmeister Delo Hadi in seinem Bad Mergentheimer Salon freundlich und gekonnt seine Kunden stylt, ahnt man kaum, was für eine bewegte Vergangenheit der gebürtige Syrer durchlebt hat. 2012 verließ der damals erst 14-Jährige seine Heimat und flüchtete in die Türkei, um dort, wie er sagt, „in Frieden leben zu können.“ Drei Jahre blieb er, arbeitete vor Ort unter anderem als selbstständiger Friseur, bis er sich entschied, als Kurde nach Deutschland „weiterzuflüchten“. „Im September 2015 fuhr ich nach Istanbul.“ Seine weitere Flucht führte ihn mit dem Schiff, per Bahn und Taxi sowie weiten Strecken zu Fuß über Griechenland durch die Wälder von Bulgarien bis nach Serbien, in die Slowakei und schließlich nach Österreich. „Von dort aus sind wir mithilfe des Deutschen Roten Kreuzes nach München gelangt und ich kam daraufhin in Nürnberg in einem Flüchtlingsheim unter.“

Während der Monate in Nürnberg kaufte er sich Friseurwerkzeug, um seinen Freunden und anderen Geflüchteten die Haare zu schneiden, blickt er zurück. Die Behörden schickten ihn dann nach Aschaffenburg, wo er einen Sprachkurs besuchte und in Form eines Minijobs als Friseur in einem Barbershop arbeitete. Zwei Jahre lernte er für die Sprachprüfung B1, die er mit sehr guten Noten bestand. 

Meistertitel schon nach vier Monaten

2017 entschied Delo Hadi, eine Friseur-Ausbildung zu beginnen, um in Zukunft selbstständig arbeiten zu können. Er absolvierte sein erstes Lehrjahr in einem Salon in Aschaffenburg: „Ich habe viel Erfahrung, auch im Damenbereich, gesammelt: Schnitte, Techniken, Coloration und auch Brautfrisuren.“ Mit seinem damaligen Chef zog er nach Bad Mergentheim und arbeitete weitere zwei Jahre bei ihm. „In einem anderen Friseursalon schloss ich meine Ausbildung ab und informierte mich schon bald, wie und wo ich – da ich verheiratet bin und eine kleine Tochter habe – schnell die Meisterprüfung ablegen kann.“ Ein Kurs in Köln ermöglichte es ihm im Jahr 2023, dass er seinen Meister bereits nach rund vier Monaten in der Tasche hatte.

„Nach der bestandenen Meisterprüfung suchte ich nach einer passenden Gewerbefläche für meinen Traum, einen eigenen Salon leiten zu können“, erklärt er. „Durch Zufall fand ich online den Salon ‚Scherenkunst‘ von Inhaberin Elke Träger. Nach einer Besichtigung haben wir uns auf die Geschäftsübernahme geeinigt.“ Am 1. Dezember 2023 eröffnete der „Delo Friseursalon“ in Bad Mergentheim in der Ochsengasse.

Viele Stammkunden mitgenommen

Andreas Kolban ist Unternehmensberater bei der Handwerkskammer Heilbronn-Franken und unterstützte Delo Hadi bei der Verwirklichung seines Traums: „Schwerpunkte der Existenzgründungsberatung waren die Finanzierung, eine effektive Marketing- und Vertriebsstrategie, die Rechtsformwahl, Anmeldevorschriften und die notwendigen Versicherungen.“ Bereits ein halbes Jahr nach der Meisterprüfung habe Hadi mit nur 25 Jahren seinen eigenen Friseursalon realisiert, meint Andreas Kolban: „Darauf hat er unermüdlich hingearbeitet und niemals aufgegeben. Damit ist er ein Vorbild für junge Leute und zeigt eindrücklich, welche Türen im Handwerk für mutige Gründer offenstehen“, so der Gründungsexperte: „Er ist ein echter Gewinn für das Handwerk und für Bad Mergentheim.“

Mit dem Verlauf des ersten Betriebsjahres ist Delo Hadi sehr zufrieden. Da er schon vor seiner Selbstständigkeit in Bad Mergentheim als Friseur tätig war, konnte er viele Stammkunden mit in den eigenen Salon nehmen. Er habe zwar für sich den Schwerpunkt der Herrenfrisuren gefunden, erläutert er. Aber es seien auch Frauen und Kinder willkommen. Sein Team bestehe derzeit aus fünf Personen – neben seiner Frau, die auch ausgebildete Friseurin ist, unterstützen ihn ein weiterer Herrenfriseur und zwei Auszubildende.

Delo Hadi übt sein Handwerk mit großer Begeisterung aus: „Was mir an meinem Beruf am meisten Spaß macht, ist es, die Menschen mit einem neuen Haarschnitt, einer neuen Bartrasur, Farbe, Brautfrisur oder Kosmetik glücklich zu machen. Wir wollen jedem die Gelegenheit geben, dass er sich wohler oder auch jünger fühlt“, fasst er zusammen. Mit Blick auf die Zukunft seines Salons hofft er, dass die Kundschaft sich weiter vergrößert und er noch einen zweiten Friseursalon eröffnen kann.

 
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