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Tauberbischofsheim
Ein Fest für die Königin der Instrumente: 35 Jahre Winterhalter-Orgel
Thomas Drescher, der während des Konzerts historische Aufnahmen vom Neubau der Orgel zeigte.
Foto: Ulrich Feuerstein | Thomas Drescher, der während des Konzerts historische Aufnahmen vom Neubau der Orgel zeigte.
Ulrich Feuerstein
 |  aktualisiert: 13.10.2024 02:29 Uhr

Die Königin der Instrumente hatte Geburtstag und viele kamen, um zu gratulieren. Vor 35 Jahren wurde die Winterhalter-Orgel in der Stadtkirche St. Martin feierlich eingeweiht. Zum Jubiläum gab es eine "Orgelfeierstunde" im Rahmen der Musikkirche Tauberbischofsheim. Unter dem Motto "35 Jahre – 4 Hände – 4 Füße" spielten Bezirkskantorin Julia Kohler und Thomas Drescher, ihr Vorvorgänger im Amt, Festmusik aus vier Jahrhunderten.

"35 Jahre sind für eine Orgel kein Alter", meinte Dekan Thomas Holler zur Begrüßung. Eine Orgel sei ein Instrument, das Generationen überdauern und sie mit ihrem Klang erfreuen könne. An der Winterhalter Orgel lobte er die Qualität und Vielfalt der Möglichkeiten zur Gottesdienstgestaltung. "Ein ganzes Menschenleben reicht nicht aus, um sie alle zu nutzen." Holler sah darin ein Spiegelbild des Lebens. Der Mensch habe eine Vielzahl an Optionen. "Es gilt, zur richtigen Zeit das Richtige zu tun und die Grenzen des Lebens mit größerer Gelassenheit hinzunehmen."

"Die Geschichte einer Orgel ist immer auch ein Brennglas der allgemeinen Geschichte", betonte Thomas Drescher. Von 1983 bis 1991 wirkte er in Tauberbischofsheim als Bezirkskantor, um danach an das Institut für Kirchenmusik des Bistums Mainz zu wechseln. Die Zeit in der Kreisstadt hat ihn seinen Angaben zufolge geprägt. Er habe die Möglichkeit erhalten, an der wundervollen Winterhalter-Orgel zu spielen, und Freundschaften geknüpft, die noch immer bestehen.

Viele kreative Ideen, um den Neubau zu finanzieren

In Dreschers Amtszeit fiel der Neubau der Orgel. Bei der "Orgelfeierstunde" zeigte er Bilder von damals. Sie machten den mangelhaften Zustand des Vorgängerinstruments deutlich. Drescher wies auf die schlechte Verarbeitungsqualität hin. Bei der Renovierung der Pfarrkirche in den 1970er-Jahren sei die Orgel zusätzlich stark verschmutzt worden. Eine ganz neue Lösung musste her. Bei Claudius Winterhalter aus Oberharmersbach im Schwarzwald wurde man fündig. Er erhielt den Auftrag, eine neue Orgel zu konstruieren.

Julia Kohler und Thomas Drescher an der Winterhalter-Orgel.
Foto: Ulrich Feuerstein | Julia Kohler und Thomas Drescher an der Winterhalter-Orgel.

Viele kreative Ideen halfen, so Drescher, den Neubau zu finanzieren. So veranstaltete man einen Pfeifenbasar und war stets auf der Suche nach Sponsoren. Die im Schwarzwald vorgefertigten Teile wurden dann im Sommer 1989 in der Martinskirche zusammengesetzt. Drescher würdigte das Werk als solide Handwerkskunst mit pfiffigen Details. So sitzt eine geschnitzte Kröte (Bufo tuberanus = Tauberkröte) oben rechts auf der Orgel, die tatsächlich quaken kann.

Auf weitere Besonderheiten der Winterhalter-Orgel ging Martin Dücker ein. Als Orgelsachverständiger hatte er damals den Neubau begleitet. Drei Jahre habe man überlegt, sei bis Lyon gefahren, um das neue Instrument zu konzipieren. Das Ergebnis beeindruckt seinen Angaben zufolge durch die Kunst des Maßhaltens. Nach französischem Vorbild des späten 18. Jahrhunderts sei ein Werk auf "einer Ebene" entstanden.

"Mit 40 Registern und rund 3500 Pfeifen ist es möglich, Klänge zu erzeugen, die zu Herzen gehen", versicherte Dücker. Die Orgel bietet seiner Meinung auch heute noch ein geistliches Vergnügen, das mehr ist als intellektuelles Musikhören. "Sie regt die Gottesdienstbesucher an, in den Lobgesang Gottes einzustimmen."

Festmusik aus vier Jahrhunderten

Die Jubilarin kam schließlich selber zu Wort. Julia Kohler und Thomas Drescher spielten auf der Winterhalter-Orgel mal zu zweit, mal allein Festmusik aus vier Jahrhunderten. Edward Elgars Marsch Nr. 4 aus Pomp an Circumstance eröffnete den musikalischen Reigen, bei dem die Königin der Instrumente ihre ganze Vielseitigkeit unter Beweis stellen konnte. Romantische Klänge entwickelte der erste Satz aus Gabriel Rheinbergers Orgelsonate Nr. 4 in a-Moll.

In einem reizvollen Kontrast standen Wolfgang Amadeus Mozarts klassische Kirchensonate in D-Dur KV 245 und Zsolt Gárdonyis Klassik-Jazz-Metamorphose mit dem Titel Mozart Changes. Beschwingt endete die Orgelfeierstunde mit Danse, dem dritten Teil aus Denis Bedards Trilogie für Orgel. Die von Thomas Holler eingangs angekündigten "himmlischen Klänge" der Winterhalter-Orgel hatten tatsächlich für erhebende Momente bei den zahlreichen Zuhörern gesorgt.

Als nächste Veranstaltung im Rahmen der "Musikkirche Tauberbischofsheim" steht am Sonntag, 20. Oktober, ein Familienkonzert auf dem Programm. Aufgeführt wird der bekannte und beliebte Karneval der Tiere von Camille Saint-Saëns. Das ursprünglich für Orchester geschriebene Werk spielt Severin Zöhrer in einer eigens von ihm arrangierten Fassung für Orgel.

Viele verschiedene Klangfarben der Orgel werden eingesetzt, um die porträtierten Tiere vom Elefanten, über Kängurus bis zum Schwan lebendig werden zu lassen. Diese musikalische Darbietung ergänzt der professionelle Figurenspieler Emilien Truche pantomimisch, indem er die Tiere mit Alltagsgegenständen darstellt.

Das Konzert beginnt um 16 Uhr und dauert rund 40 Minuten. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erbeten.

 
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