Rund 50 Menschen stehen an diesem sonnigen Donnerstagmittag im April vor dem Tafelladen des Caritasverbandes im Tauberkreis. Sie warten darauf, Einlassnummern ziehen zu dürfen, sie warten auf Khere. Der 23-jährige Syrer erscheint pünktlich um vier Uhr. In der Hand hält er ein Bastkörbchen, das Karten mit Nummern enthält. Diese entscheiden, wer den Laden zuerst betreten darf, denn das Angebot des Ladens ist begrenzt, und die ersten Einkäufer haben die größte Auswahl. Ein kleines Mädchen greift in den Korb – „wir haben die sechs“, ruft es begeistert.
Khere lächelt, freut sich mit dem Kind. Die Tätigkeit im Tafelladen ist seine erste Arbeit in Deutschland. Er verdient dabei keinen Cent und ist doch glücklich, etwas Sinnvolles tun zu können. Schon am frühen Nachmittag war der Asylbewerber im Laden. Er half beim Ausladen der Ware und räumte Karotten, Gurken und anderes Gemüse in die Regale.
Nun kocht Khere Kaffee, schüttet Milch in Kännchen und Zucker in Döschen und stellt schließlich alles auf die beiden Tische im Nebenraum des Ladens. Hier können die Wartenden kostenlos Kaffee trinken, sich unterhalten, die Tageszeitung lesen oder ein Buch aus dem Regal nehmen. So lange, bis ihre Nummer aufgerufen wird. In der Zwischenzeit kocht Khere noch mehr Kaffee in der kleinen Küche und hat ein wachsames Auge auf den Inhalt von Kaffeekannen und Milchkännchen, die er immer wieder neu befüllt. Sylvia Hehn, Leiterin des Tafelladens, ist begeistert von Kheres Engagement sowie des seines Kollegen Imad, der sich mit Khere die Arbeit teilt: „Ich kann mir die beiden gar nicht mehr wegdenken. Sie sind ausgesprochen freundlich und auch bei unseren Kunden sehr beliebt.“
„Die Arbeit macht Spaß“, sagt Khere bescheiden. Es sei schön, ehrenamtlich tätig zu sein. „Hier kaufen lauter arme Menschen ein, da möchte ich kein Geld“, betont der ehemalige syrische Physikstudent. „Wo ist der Mundschenk?“, fragt plötzlich eine Frau. Khere schaut sie an – und muss passen. „Mundschenk“, gesprochen im Großrinderfelder Dialekt, versteht er nicht. „Du musst noch viel lernen“, witzelt die ältere Dame.
Khere lacht und lässt sich erklären, was das Wort bedeutet. „Ich lerne hier viel Deutsch, das ist gut“, sagt er. Wie viele andere Syrer wird Khere in den kommenden Tagen seine Anerkennung für einen Aufenthalt in Deutschland erhalten. Dann gilt es, nach rund acht Monaten im Asylbewerberheim bezahlte Arbeit sowie eine Wohnung zu finden. „Ich freue mich sehr darauf, endlich eine Wohnung für mich alleine zu haben“, sagt Khere, der sich mit drei anderen Männern ein Zimmer im Asylbewerberheim teilt.
Sylvia Hehn, die nicht nur Leiterin des Tafelladens, sondern auch Mitglied des Runden Tisch Asyl ist, weiß, vor welchen Problemen Khere und andere Asylbewerber nach der Anerkennung stehen. Es ist nicht einfach, eine bezahlte Arbeit oder eine Wohnung zu finden, auch wenn die Mietkosten vom Jobcenter übernommen werden. Sylvia Hehn wünscht sich deshalb nicht nur mehr Lebensmittelspenden für den Tafelladen, in dem Mehl, Zucker, Reis, Öl sowie Konserven und Körperpflegeprodukte oft knapp sind. Als Mitglied des Runden Tisch Asyl hofft sie, dass sich viele Leute aus Tauberbischofsheim melden werden, um Wohnungen an Khere sowie die anderen als Flüchtlinge anerkannten Männer zu vermieten, denn: „Sie haben es verdient, hier gut aufgenommen zu werden.“
Ansprechpartner für Wohnungsvermietende: Hans-Jürgen Reusch, Runder Tisch Asyl, Tel. (0 93 41) 89 65 55, E-Mail: hansjuergenreusch@t-online.de
Gesucht werden kleine Appartements ebenso wie größere Wohnungen, in denen Familien zusammen wohnen können.