Zuletzt wagte sich der Verein "die schul. - Gedenkstätte Synagoge Wenkheim" mit der Eröffnung der christlich orientierten Ausstellung "Phönix", mit Bildern des Künstlers Björn Hauschild, in das Spannungsfeld von Judentum und Christentum. Am Sonntag kehrte der Verein in Zusammenarbeit mit der evangelischen Erwachsenenbildung bei der musikalischen Lesung über die deutschsprachige jüdische Lyrikerin Rose Ausländer wieder in das dem historischen Gebäude angepasste jüdische Gefilde zurück.
Ein bewegtes Leben zwischen den USA und Europa
Im hervorragenden Ambiente der noch laufenden Ausstellung "Phönix", stand das Leben und Werk von Rose Ausländer, geborene Scherzer, einer der bedeutendsten deutschen Lyrikerinnen, im Mittelpunkt. Sie wurde 1901 in Czernowitz, damals zu Österreich-Ungarn gehörig, geboren. 1916 floh sie mit ihrer Familie vor der zweiten russischen Besetzung nach Budapest. Von dort zog sie später nach Wien, wo sie zur Kauffrau ausgebildet wurde. 1920 kehrte sie in das inzwischen rumänisch gewordene Czernowitz zurück.
Dort studierte sie unter anderem Literatur und Philosophie, brach das Studium ab und ging 1921 in die USA. Hier begann ihre schriftstellerische Tätigkeit. 1927 erschienen ihre ersten Gedichte. In ihrem gesamten Leben sollten es mehr als 5000 werden. Über ihr gesamtes Leben hinweg wechselte sie zwischen den USA und Europa hin und her.
Infolge der politischen Umgestaltungen in Europa wurde sie 1940 sowjetische Staatsbürgerin und vom NKWD als angebliche amerikanische Spionin verhaftet. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion wurde Rose Ausländer ins Ghetto von Czernowitz gesperrt, überlebte wie durch ein Wunder und wurde 1944 von der Roten Armee befreit. Von 1946 bis 1964 lebte sie erneut in den USA, kehrte dann aber wieder nach Europa zurück. Sie lebte kurz in Wien und bis zu ihrem Tod 1988 in Düsseldorf.
Vorlesung beleuchtet all ihre Lebensabschnitte
Ihr bewegte Leben spiegelte sich in der jetzigen Vorlesung wider. Die Rezitatorin Ann-Kathrin Schneider, ausgebildete Theaterpädagogin an der Akademie für darstellende Kunst in Ulm, verstand es, aufschlussreich und unterhaltsam verschiedenste Facetten des Lebens von Rose Ausländer zu beleuchten. Dabei überzeugte sie mit einer erfrischenden und glasklaren Sprechtechnik, wie man sie nur selten zu hören bekommt.
Sie rezitierte aus Gedichten, welche die Gefühlswelt von Rose Ausländer mit all ihren positiven und negativen Lebenserfahrungen und Hoffnungen in den zahlreichen Lebensabschnitten wiedergaben. Die Zuhörer erfuhren, dass sie trotz vieler widriger Umstände dem Leben viel Positives abgewinnen konnte. Es half ihr, dass sie sich an Kleinigkeiten in der Natur, Gesellschaft und dem Zusammenleben der Menschen erfreute. Bis zu ihrem Tod veröffentliche sie zahlreiche Gedichtbände, die hohe Auflagen erreichten.
Die musikalische Begleitung war ein Highlight an sich
Für einen weiteren Höhepunkt sorgte die Musikpädagogin Stephanie Mittnacht, eine leidenschaftliche Blockflötistin, ausgebildet an der Universität Würzburg. Mit ihrem vielseitigen Repertoire, das sie mit Musikstücken zwischen den Vorlesungsblöcken passend zu den vorgetragenen Themen darbot, begeisterte sie das Publikum.
Im Vorlesungsteil "Die kostbare Zeit – Das Reifen des Alters" trug sie die bekannte Weise von Sholom Secunda "Bei mir bistu schein" (Ich finde dich hübsch) vor. Das Original wurde 1932 für ein jiddisches Musical geschrieben. Im Ausblick "Die Ewigkeit der Vergänglichkeit" spielte sie ein Stück des bekannten holländischen Blockflötenvirtuose Jacob van Eyck (1590–1657): "Engels Nachtegaeltje". Am Ende der musikalischen Rose- Ausländer –Vorlesung gab es tosenden Beifall und eine weitere, virtuos vorgetragene Zugabe.
Die nächste Darbietung im Rahmen der Ausstellung am 22. Juni um 19.30 Uhr beleuchtet das Thema Resilienz: "Zwischenraum der Freiheit".