(dpa/lsw) In Baden-Württemberg stehen bislang alle Zeichen auf Grün-Schwarz: Nach den Absagen von SPD und FDP an mögliche Dreierbündnisse steuert das Land auf die bundesweit erste grün-schwarze Koalition hin. Der SPD-Landesvorstand hat eine Beteiligung an einer „Deutschland“-Koalition mit CDU und FDP abgelehnt. Die FDP wiederum will sich nicht an einer „Ampel“ mit Grünen und SPD beteiligen. Das macht ein grün-schwarzes Regierungsbündnis unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zur einzigen Option.
Auf beiden Seiten gibt es jedoch Vorbehalte. Wahlsieger Kretschmann hat für diesen Mittwoch zu ersten Gesprächen mit CDU, SPD und eigentlich auch mit der FDP geladen. Er kritisierte die FDP am Dienstag, sich einer „Ampel“ zu verweigern. „Wir müssen gucken, dass wir eine Regierung zustande bekommen, die das Land voranbringt – und nicht irgendwie in Schockstarre verharren, das macht wirklich keinen Sinn“, sagte er am Dienstag vor der Sitzung der neuen Grünen-Fraktion in Stuttgart.
Die CDU appellierte indes an die SPD, sich nicht von vornherein gegen ein mögliches schwarz-rot-gelbes Koalitionsbündnis zu stellen. „Ich kann nachvollziehen, dass die SPD in einer ganz schwierigen Situation ist, und möglicherweise geht's da auch drunter und drüber. Vielleicht ist es ja nach einmal Drüber-Schlafen dann auch wieder eine andere Situation“, sagte Landeschef Thomas Strobl am späten Montagabend nach einer Vorstandssitzung. Das Gesprächsangebot der CDU sei außerordentlich ernst gemeint. „Vielleicht möchte sich das auch die SPD noch einmal überlegen, ob es zu diesem Zeitpunkt klug ist, in die eine oder andere Richtung die Tür zu verschließen.“
Guido Wolf bleibt Vorsitzender der CDU-Fraktion im baden-württembergischen Landtag. Trotz des desolaten CDU-Ergebnisses bei der Landtagswahl am Sonntag bestätigte die neue Fraktion ihn am Dienstag im Amt. Dem Vernehmen nach bekam Wolf in geheimer Wahl ohne einen Gegenkandidaten 34 Ja-Stimmen und sieben Nein-Stimmen.
Die Grünen hatten die Wahl mit 30,3 Prozent der Stimmen vor der CDU mit 27,0 Prozent gewonnen. Die SPD sackte ab auf 12,7 Prozent, noch hinter die AfD mit 15,1. Die FDP bekam 8,3.
Die SPD will sich zwar zu Gesprächen mit der CDU zusammensetzen. Er habe eine Einladung von CDU-Fraktionschef Guido Wolf erhalten und werde den Termin wahrnehmen, sagte SPD-Landeschef Nils Schmid am Dienstag in Stuttgart.
Die SPD steht jedoch weiter auf dem Standpunkt, dass die Bürger wollten, dass Kretschmann Ministerpräsident bleibt. Er betonte: „Jetzt liegt der Ball im Feld der Grünen.“ Die SPD werde sich nicht dazu hergeben, den Willen der Wähler zu ignorieren. Und diese wollten Winfried Kretschmann (Grüne) als Regierungschef und nicht Wolf.
Bleibt Grün-Schwarz. Dafür müsste die CDU nach Ansicht von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) aber ihren Ton ändern. Zum einen sollten Angriffe wie im Wahlkampf, die grün-rote Regierung arbeite in der Asylpolitik zu langsam, der Vergangenheit angehören. Zudem müssten Schwierigkeiten auf der persönlichen Ebene ausgeräumt werden. „Darüber müssten Politiker hinwegkommen zum Wohl des Landes“, sagte Palmer am Dienstag im Deutschlandfunk.
Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sieht eine grün-schwarze Koalition als riskant für seine Partei an. Ein solches Bündnis, das bundesweit einzigartig wäre, sei zwar denkbar, sagte er am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Aber meine Begeisterung für ein solches Modell hält sich in Grenzen, weil dann die Gefahr besteht, dass die CDU dort in der Koalition mit den Grünen als stärkerer Partner genauso marginalisiert wird wie aktuell die SPD.“
Aus der CDU gibt es derweil erste Forderungen nach einem Mitgliederentscheid über mögliche Koalitionsverhandlungen mit den Grünen. Wie die „Stuttgarter Nachrichten“ am Dienstag berichteten, fand ein entsprechender Antrag der CDU-Bundestagsabgeordneten Karin Maag und Stefan Kaufmann eine Mehrheit im Kreisvorstand.
AfD-Abgeordneter Heinrich Kuhn eröffnet Landtag
Ein erstes Amt hat die rechtskonservative AfD schon im neuen Landtag von Baden-Württemberg: Den Parlamentsneulingen steht laut Landesverfassung die Position des Alterspräsidenten zu, da mit Heinrich Kuhn der älteste Abgeordnete aus ihren Reihen kommt, wie der Landtag am Dienstag bestätigte. Kuhn ist Jahrgang 1940, lebt in Altensteig, bekam im Wahlkreis Calw 19,1 Prozent und zog über ein Zweitmandat in den Landtag ein.
Der Tradition folgend lädt er zur konstituierenden Sitzung (11. Mai) ein und leitet diese bis zur Wahl des Landtagspräsidenten und der Stellvertreter. Der Posten des Landtagspräsidenten kommt der stärksten Fraktion zu, also den Grünen, die mit Brigitte Lösch bisher eine Stellvertreterin stellen.
Auch der jüngste Abgeordnete zieht für die AfD ins Hohe Haus ein. Stefan Herre, 24 Jahre alter Industriemeister Metall holte sein Zweitmandat mit 18,1 Prozent im Wahlkreis Balingen.
dpa/lsw