Viele Erwachsene kennen sie noch aus ihrer eigenen Kindheit – und entdecken sie heute mit ihrem Nachwuchs neu. Wimmelbücher liegen im Trend. Darin gibt es viel zu entdecken, auf jeder Seite wimmelt es nur so von Geschichten – daher der Name.
Neben den klassischen Themen wie Baustelle oder Bauernhof entstehen immer mehr regionale Ausgaben der knallbunten Bilderbücher. Stuttgart, München und Berlin haben zum Beispiel schon eines, viele weitere Städte sollen folgen. Gerade entsteht ein Wimmelbuch zu Heidelberg.
Zeichnerin Kimberley Hoffman sitzt auf dem Marktplatz der Touristenstadt und porträtiert Menschen, die gern in dem Bilderbuch auftauchen möchten. Es kommen vor allem Mütter oder Großmütter mit Kindern. „Bei einem Foto hat man nur eine Momentaufnahme und bei Beobachtung hat man einen Gesamteindruck“, sagt Hoffman.
Die Porträtierten werden sich später an unterschiedlichen Orten wiederfinden: Im Heidelberger Zoo, auf einem Ausflugsschiff auf dem Neckar oder auf der Aussichtsplattform des Schlosses.
„Wir haben vor zwei Jahren angefangen, regionale Wimmelbücher zu machen, das erste über Stuttgart“, sagt die Leiterin des Silberburg-Verlags, Christel Werner. „Es hat großen Gefallen gefunden, dass die Leute ihre Heimat wiederentdecken können oder den Ort, an dem sie im Urlaub waren.“
Auch über die Schwäbische Alb gibt es bereits eines. Neben einem Wimmelbuch zu Heidelberg entsteht derzeit auch eines zum Bodensee. Beide sollen im Frühjahr erscheinen. Karlsruhe und Freiburg sind in Planung.
Aus Sicht der Stiftung Lesen sind Wimmelbücher besonders geeignet zur Sprachförderung von Kindern. Die regionalen Wimmelbücher hätten noch einen besonderen Charme. „Die Kinder haben das ,in echt‘ schon einmal gesehen – oder werden neugierig auf's Entdecken“, sagt die Referentin für Leseförderung, Christine Kranz. „Auch der Identifikationsfaktor ist hoch: Das ist bei uns. Das gehört zu meinem Alltag.“
Auch der Wimmelbuchverlag in Berlin hat noch einige Städte auf der Liste. „Nürnberg kommt noch, da sind wir schon länger dran“, sagt der Vertreter für Berlin und Bayern, Jürgen Stelling. Städte mit der Größe von Heidelberg kämen für den Wimmelbuchverlag nicht infrage. „Die Auflage muss sich lohnen. Schon bei Nürnberg war es nicht so einfach, das durchzusetzen.“
Als Wimmelbuch-Schöpfer gilt Ali Mitgutsch, dessen farbenfrohe Bilderbücher ganz ohne Worte auskommen und Kinder seit 1968 begeistern. Heute gibt es sie von vielen Verlagen mit unterschiedlichen Illustratoren, besonders bekannt sind auch die Bücher von Rotraut Susanne Berner.
Wimmelbücher zeichnen – das kann nicht jeder. „Auf jeden Fall braucht man viel Geduld, um so etwas zu machen“, sagt Angelika Ullmann von der Illustratoren Organisation. „Man muss Personen zeichnen können und wenn es um eine Stadtansicht geht, muss man auch im perspektivischen Zeichnen geschult sein.“
Die Heidelberger Porträtierten scheinen zufrieden mit dem Resultat, obwohl es für viele ungewohnt ist, sich selbst als Zeichnung anzuschauen. „Ein bissl streng, gell?“, sagt eine Frau und lacht, als sie ihr Porträt sieht. Kimberley Hoffman schüttelt den Kopf. „Ich finde, Sie haben ein sehr schönes Gesicht. Sie sind eine starke Frau.“