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BAD MERGENTHEIM
Die Hornbrille als weibliche Waffe
Peter D. Wagner
 |  aktualisiert: 03.02.2014 16:55 Uhr

Mit Rosemie Warth und ihrem Programm „Juhuu, ich zieh um!“ ging die städtische Kleinkunstreihe in eine neue Runde. Ritt’s Kulturkeller war dazu komplett ausverkauft.

Die aus Bad Waldsee stammende und in Stuttgart lebende Entertainerin, Komikerin und Moderatorin hat sich in vielen Jahren den Ruf einer Kunstfigur der ganz besonderen Art erspielt. „Zu den Waffen einer Frau gehört eine Hornbrille“, lautet eine ihrer Devisen. Folglich war ihre Hornbrille eines ihrer wesentlichen Markenzeichen. Es sollte jedoch nicht bei dieser einzigen „fraulichen Waffe“ bleiben, wie sich im weiteren Verlauf des Abends auf unterhaltsame Weise herausstellte – zumal sich Rosemie Warth als beeindruckendes Multitalent entpuppte, das auch als Musikerin, Sängerin und ausgebildete Tänzerin begeisterte.

In diesen Rollen bewegte sich die Figur der Frau Warth geschmeidig zwischen Performance, Musik, Tanz, Akrobatik, Comedy und launiger Moderation, so dass sich nicht nur ein Musikkabarett im üblichen Sinne, sondern eine Varietéshow von höchster Qualität entwickelte. Bei Rosemie Warth (ober-)schwäbelt's immer wieder, nicht nur sprachlich im Sinne „heilig's Blechle“, sondern auch mit womöglich typisch schwäbischen Eigenschaften kokettierend.

Ihr Programmtitel „Juhuu, ich zieh um!“ zog sich jedenfalls wie ein „Roter Faden“ durch die Show: Zum einen erzählte Frau Warth über verschiedene Aspekte und Stationen ihres Lebens, bei denen nicht immer das herausgekommen sei, was sie eigentlich gerne gewollt hätte. Dazu zähle auch ihr Name, selbst wenn auf einem Denkmalsockel „Veni, Vidi, Rodemici“ stehe. Zudem sei sie leider doch nicht Tanzpartnerin von Fred Astaire geworden. Vielmehr habe ihr „Tante Gisela“ geraten, „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, worauf sie zu häkeln begonnen habe, wie sie auch auf der Bühne bewies. Inzwischen sei sie jedoch bei den „anonymen Häklerinnen“ gelandet. Immerhin habe sie es jedoch zur „Weltputzkulturerbin“ gebracht.

„Ich zieh (mich) um“ galt auch äußerlich: Immer wieder überraschte die talentierte Künstlerin das Publikum in neuen Aufmachungen, beginnend mit einem knallroten Kostüm und Federboa bis hin zu internationalen Outfits wie etwa der einer Inderin.

Ein weiterer „Roter Faden“ war ihr immer wiederkehrendes „nix“: Zum Beispiel seien ihr trotz Freude auf den Abend in Bad Mergentheim und wochenlangen Überlegungen „nix“ an Ideen eingefallen, und überhaupt, wenn sie dann alle Menschen im Publikum sehe, komme ihr auch „nix“, weshalb sie dann wenigstens das „Nix“ mit Allen teilen wolle.

Mit Rosemie Warth präsentierte sich eine Künstlerin der Extraklasse, die auf unscheinbare, gleichwohl wunderbare Weise ihre wahren Talente zeigte. Dabei blieb die Hornbrille der herrlich verklemmt und schüchtern wirkenden Oberschwäbin nicht ihre einzige Waffe: Mit brillanter und humoriger Leichtigkeit, Charme und Witz eroberte und verzauberte sie mit ihrer das Publikum. Zudem stellte sie ihre musikalischen, schauspielerischen und choreografischen Fähigkeiten unter Beweis: Rosemie Warth sang mit hörenswerter und präziser Stimme, tanzte zuweilen temperamentvoll auf der Bühne und musizierte mit Blockflöte, Alphorn und Tuba.

Mit ihrer Mischung aus vermeintlicher Begriffsstutzigkeit sowie schlauer, feinfühliger und mitunter tiefsinniger Selbstironie gelang es Rosemie Warth vom ersten bis zum letzten Moment auf niveauvolle und spritzige Weise, das Publikum liebevoll zu den „ganz normalen“ menschlichen Missgeschicken zu führen und sich in die Herzen der Zuschauer zu spielen.

Die Kleinkunstreihe wird am Freitag, 21. Februar um 19.30 Uhr im Ritt’s Kulturkeller mit Musikkabarett von C. Heiland fortgesetzt.

 
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