Auch der Main-Tauber-Kreis ist, was Rechtsextremismus angeht, keine Insel der Seligen. Doch das klassische Neonazi-Outfit – Springerstiefel, Bomberjacke und Glatze – gilt nicht mehr. „Die Szene ist nicht mehr auf den ersten Blick zu erkennen, sie hat sich dem modischen Mainstream angepasst“, sagt Michael Lippert vom Kreisjugendamt. DGB und IG-Metall wollen deshalb aufklären. Was ist überhaupt Rechtsextremismus, wie ist er zu erkennen? Und: Gibt es eine rechte Szene im Landkreis?
Nicht erst seit den jüngsten Ereignissen in Sachsen-Anhalt ist klar, dass der Rechtsextremismus nicht tot ist. Die Täter wähnen sich im Recht, und vielfach haben sie die „schweigende Mehrheit“ wenn nicht hinter sich, aber zumindest nicht offen gegen sich. In wirtschaftlich schwachen Regionen treten Neonazis offen auf, doch auch bei uns gibt es sie.
„Was auffällt, ist, dass in Wahlkampfzeiten gerade in kleinen Ortschaften oftmals nur Plakate rechter Parteien zu sehen sind, die noch lange nach der Wahl hängen“, sagt die DGB-Regionalsekretärin Silke Ortwein. Auch, wenn dies nichts über die Bewohner aussage, „es bleibt ein schlechter Eindruck haften, gerade für auswärtige Besucher“. Für die Gewerkschafterin ist klar, dass es ein Informationsdefizit gibt. Deshalb lädt der DGB zusammen mit der IG Metall am Mittwoch, 15. April, zu einer Infoveranstaltung „Rechtsextremismus“ ein.
Dabei sollen die Besucher – „Nazis müssen draußen bleiben!“ – Antworten und Informationen erhalten. „Was sind rechte Einstellungen, wie kann man sie erkennen?“, verweist Ortwein auf einen zentralen Punkt. „Viele stark konservative Einstellungen entstehen, indem rechtes Gedankengut aufgenommen wird“, weiß die für den Main-Tauber-Kreis zuständige Regionalsekretärin. „Der Kampf gegen Rechts wird nicht vom linken oder rechten Spektrum, sondern von der bürgerlichen Mitte entschieden.“ Und die gelte es, zu sensibilisieren und zu mobilisieren.
„Schon aus historischen Gründen, aber auch wegen aktueller Entwicklungen wie etwa in Sachsen-Anhalt und wegen der Herausforderungen der Flüchtlings-Unterbringung “ sehen der erste Bevollmächtigte der IG-Metall Tauberbischofsheim, Gerd Koch, die DGB-Regionalsekretärin sowie der DGB-Kreisvorsitzende Rolf Grüning diese Veranstaltung als wichtig an. Dass es Helferkreise gibt, die sich „mit Begeisterung“ der Flüchtlinge annehmen, ist für Grüning „ein gutes Zeichen“.
„Auch bei uns gibt?s Rechtsextreme. Die Veranstaltung wird aufzeigen, was sich hier tut“, sagt Koch. Grüning hat keine Zweifel an der Existenz Rechtsextremer im Landkreis, spricht gar von „zwei hochgebildeten rechtsextremen Hasspredigern“. Das klassische Neonazi-Outfit – Springerstiefel, Bomberjacke und Glatze – gilt nicht mehr. „Die Szene ist nicht mehr auf den ersten Blick zu erkennen“, sie hat sich dem modischen Mainstream angepasst, weiß Michael Lippert vom Kreis-Jugendamt. Im Kreis treten Rechte „punktuell“ auf, die Szene bleibt – noch – unter sich. „Das Beratungsnetzwerk hat Hinweise aus betroffenen Familien erhalten“, berichtet der Jugendamts-Mitarbeiter. „Beim Beratungsnetzwerk erhalten Eltern und Jugendliche Hilfe.“
Die Veranstaltung „Rechtsextremismus“ ist am Mittwoch, 15. April, um 19 Uhr im Technologie- und Gründerzentrum in Tauberbischofsheim, Am Wört 1. Referenten sind zwei Mitarbeiter des Beratungsnetzwerks. Nach dem Vortrag ist eine Diskussion vorgesehen.
Beratungsnetzwerk
Ansprechpartner des Beratungsnetzwerks ist das Kreisjugendamt in Tauberbischofsheim. Bei rechtsextremen Vorfällen können sich Betroffene und Angehörige unter Tel. (0 93 41) 82 54 81 und per E-Mail an: beratungsnetzwerk-mtk@web.de ans Amt wenden.
Das Beratungsnetzwerk „kompetent vor Ort“ wird gefördert durch das bundesweite Programm „Toleranz fördern - Kompetenz stärken „ und durch das Land Baden-Württemberg.