
Vor fast 20 Jahren übergab die Fotografenfamilie Heer ihr umfangreiches Fotoarchiv an die Stadt Tauberbischofsheim. Seit 2013 befindet sich die historische Fotosammlung im Stadtarchiv in der Johann-Keppler-Straße. Anlässlich dieses Jubiläums hielt die Urenkelin von Joseph Heer, Eva-Maria Linhart (geborene Heer), im Technologie- und Gründerzentrum auf die Initiative von Andrea Steffan vom Stadtarchiv einen Vortrag über die Geschichte der Fotografie. Zeitgleich gab es kleine Ausstellung mit historischen Fotoapparaten und Fotos der Fotografenfamilie Heer zu sehen. Alle Plätze im Veranstaltungsraum waren besetzt.
Die Fotografenfamilie Heer schrieb über 150 Jahre die fotografische Geschichte der Stadt Tauberbischofsheim und der umliegenden Orte. Im Jahr 1850 eröffnete der erst 18-jährige Joseph Heer als einer der ersten Fotografen in Baden ein Atelier in Tauberbischofsheim. Bei den ersten Fotografien, die Joseph Heer damals anfertigte, verwendete er noch dünne versilberte Kupferplatten. Die Belichtung dauerte wegen der geringen Lichtstärke der damals verfügbaren Objekte bei Tageslicht bis zu 20 Minuten.
Das hierbei entstandene Bild war ein Unikat von dem keine Kopien angefertigt werden konnten. Als Negative für die Aufnahmen wurden nach 1860 beschichtete Glasplatten verwendet. Einige der alten Glasplattennegative von Joseph und August Heer sind heute noch im Stadtarchiv erhalten. Erst im Jahr 1871 kam die Erfindung der Trockenplatte bei der die Lichtempfindlichkeit wesentlich größer war und dadurch wurde die bisherige umfangreiche Ausrüstung nicht mehr benötigt.
Mit den Weiterentwicklungen der Fotografie um 1880 wurde das Fotografieren billiger und auch beliebter. Ab dieser Zeit entstanden zahlreiche Portraitaufnahmen und so wurden zu Anlässen wie der Einschulung, der Militärzeit und der Hochzeit Aufnahmen angefertigt – auch hiervon existieren noch einige Fotografien im Stadtarchiv. 1881 erhielt Joseph Heer von Großherzog Friedrich I. von Baden einen persönlichen Dankesbrief für seine vortrefflichen Fotografien.
August Heer fotografierter unter anderem Paul von Hindenburg
Im Buch die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden aus dem Jahr 1898 von dem Kunsthistorikers Adolf von Oechelhäuser sind zahlreiche Aufnahmen von Joseph Heer zu sehen. Nach dem Tod von Joseph Heer im Jahr 1903 übernahm sein Sohn August Heer im Alter von 19 Jahren das Geschäft seines Vaters. Während des 1.Weltkrieges, im Jahr 1916, machte er eine Aufnahme von Kaiser Wilhelm II. und Paul von Hindenburg, sowie Fotografien der lettischen Hauptstadt Wilna.
1996 übergab sein Sohn Josef Heer diese zusammen mit eigenen Aufnahmen die während des zweiten Weltkrieges entstanden waren an das dortige Staatsmuseum. Auch die Söhne von August Heer, Josef und Karl Heer traten in die Fußstapfen ihres Vaters und wurden beide Fotografen. Josef Heer war mit seiner Kamera auch oft für die Regionalpresse unterwegs und machte Aufnahmen von verschiedenen Ereignissen wie vom Bau der Autobahn A 81, dem Neubau der städtischen Schulen und von zahlreichen gesellschaftlichen Ereignissen in der Stadt.
Eva Maria Linhart gehört zur vierten Generation der Fotografenfamilie und war schon als Kind oft im Fotostudio mit dabei. 1972 legte sie in Würzburg ihre Gesellprüfung als Fotografin ab. Im elterlichen Betrieb war sie für Kinder- und Hochzeitsaufnahmen zuständig und schließlich auch als Pressefotografin im Einsatz. Auch heute ist sie noch Fotografin mit Leidenschaft, wenn auch nicht mehr in ihrer Heimatstadt Tauberbischofsheim.
Beim dem sehr interessanten Vortrag gab es auch zahlreiche beeindruckende Fotografien aus der Tauberbischofsheimer Stadtgeschichte zu sehen. Im Stadtarchiv befinden sich heute noch über 20.000 Papierabzüge, die komplette Sammlung der Glasplatten aus der Anfangszeit der Fotografie sowie zahlreiche Negative der Fotografenfamilie Heer.