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Tauberbischofsheim
"Den Bürgern reinen Wein einschenken": Spitzengespräch von Kreis und Kirchen über Fachkräftemangel, Migration und Kitas
Im Austausch anlässlich des jährlichen Gesprächs zwischen den Spitzen von Kreis und Kirchen (von links): Sozialdezernentin Elisabeth Krug, Regionalleiter Ulf-Dietrich Schwarz (Caritas Heilbronn-Hohenlohe), die Dekaninnen Wibke Klomp und Renate Meixner, Landrat Christoph Schauder, Diakonie-Geschäftsführerin Aleit-Inken Fladausch-Rödel, Dekan Thomas Holler, Caritas-Vorstandsmitglied Bastian Weippert, Dekan Rüdiger Krauth und Dekanatsreferent Jonatan Burger.
Foto: Markus Moll, Landratsamt Main-Tauber-Kreis | Im Austausch anlässlich des jährlichen Gesprächs zwischen den Spitzen von Kreis und Kirchen (von links): Sozialdezernentin Elisabeth Krug, Regionalleiter Ulf-Dietrich Schwarz (Caritas Heilbronn-Hohenlohe), die ...
Bearbeitet von Simon Hörnig
 |  aktualisiert: 21.12.2023 02:55 Uhr

Die Zukunft des ländlichen Raums, die Herausforderungen beim Thema Migration sowie die Situation der Kindertagesstätten: Dies waren die Themen des jährlichen Gesprächs, zu dem sich die Spitzen von Landkreis und Kirchen getroffen haben. So heißt es in einer Pressemitteilung des Landratsamtes, der die folgenden Informationen entnommen sind.

Landrat Christoph Schauder (CDU) und Sozialdezernentin Elisabeth Krug sprachen bei der Diakonie in Tauberbischofsheim mit den katholischen und evangelischen Dekaninnen und Dekanen im Main-Tauber-Kreis sowie mit den Geschäftsführungen von Caritas und Diakonie. Landrat Schauder dankte für die hervorragende Zusammenarbeit und erklärte, dass der Kreis die Kirchen "überall unterstützt, wo wir können". Als Beispiele nannte er die Finanzierung von Familienzentren und Beratungsstellen sowie die Schaffung einer pädagogischen Fachberatung für Kindertagesstätten.

Fachkräftemangel trifft Kirche und Kreis gleichermaßen

Hinsichtlich der Situation im ländlichen Raum wies Dekan Rüdiger Krauth darauf hin, dass es aktuell in den Dekanaten im Main-Tauber-Kreis viele unbesetzte Stellen gebe. Ein Problem, das inzwischen auch in hohem Maße die Kreisverwaltung erreicht habe, erwiderte Schauder. Manche Stellen blieben demnach auch nach mehreren Ausschreibungen mangels geeigneter Bewerberinnen und Bewerber unbesetzt.

Vor diesem Hintergrund werde die Landkreisverwaltung ihre Aktivitäten zur Fachkräfteakquise weiter verstärken müssen. Der Landkreis biete beispielsweise flexible Arbeitszeitmodelle und überall, wo es machbar ist, mobiles Arbeiten. Auch sei es unverzichtbar, die Vorzüge des Main-Tauber-Kreises als gutem Ort zum Leben und Arbeiten deutlich herauszustellen. "Deshalb arbeitet unsere Wirtschaftsförderung an einer Neuauflage der Kampagnen 'Zukunft Main-Tauber' und 'Karriere daheim', die sich dafür einsetzen, dass Menschen hierherziehen und junge Leute aus der Region ihren beruflichen Weg im Main-Tauber-Kreis planen", erklärte der Landrat.

Aus seiner Sicht sei der Main-Tauber-Kreis einer der familienfreundlichsten Kreise, verfüge über eine gute Infrastruktur bei Straßen, Radwegen und Autobahnanschlüssen, eine "tolle Bildungslandschaft" sowie "im Vergleich mit anderen Regionen noch vertretbare Konditionen, um zu den eigenen vier Wänden zu gelangen."

Zukunft kleinerer Dörfer und des dortigen Vereinslebens im Fokus

Dekanin Wibke Klomp zeigte sich in Sorge um die Zukunft der kleineren Dörfer. Hier antwortete der Landrat, dass das Vereinsleben in den Dörfern überwiegend noch intakt sei. Funktionierende Vereine seien eine Achillesferse der Gesellschaft, ohne diese Institutionen sterbe der gesellschaftliche Austausch. Der Kreis werde deshalb im Jahr 2024 einen Landkreis-Ehrenpreis ausschreiben, mit dem gelungene Initiativen für eine hervorragende Jugendarbeit in Vereinen ausgezeichnet werden sollen.

Auch engagiere der Landkreis sich in der Vereinsförderung, insbesondere für die sportliche Jugendarbeit in den Vereinen und Fachverbänden der Württembergischen und Badischen Sportjugend. Den Dörfern käme zudem die für 2024 geplante Nachverdichtung der Ruftaxi-Verbindungen zugute. 

Landrat Schauder fordert vom Bund konkrete Schritte in Sachen Migration

Beim Thema Migration schilderte Landrat Schauder die großen Herausforderungen. So seien dem Landkreis in den vergangenen Monaten von August bis November jeweils 100 oder mehr Personen zur vorläufigen Unterbringung zugewiesen worden. "Da geht es aktuell nur noch darum, rechtzeitig ein Dach über dem Kopf zur Verfügung zu stellen, an Integration ist kaum zu denken", sagte er.

Es sei dringend notwendig, dass der Bund zumindest für neu ankommende Menschen aus der Ukraine den 2022 eingeführten Rechtskreiswechsel wieder rückgängig macht. Sie erhalten seitdem Bürgergeld anstelle der niedrigeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Sozialdezernentin Krug wies darauf hin, dass Bundesarbeitsminister Heil aufgrund der deutlichen Steigerungen bei den Ausgaben für das Bürgergeld nun auf eine schnellere Integration der ukrainischen Flüchtlinge in Arbeit dränge.

"Dies ist schon deshalb ambitioniert, weil den Jobcentern weder mehr Personal noch mehr Eingliederungsmittel zur Verfügung gestellt werden", fasste sie zusammen. Ulf-Dietrich Schwarz von der Caritas hielt es für sinnvoll, sich bei der Vermittlung in Arbeit "zunächst auf die Integrationswilligen zu konzentrieren."

Schwierige Situation in den Kindertagesstätten

Dekan Thomas Holler verwies auf die schwierige Situation in den Kindertagesstätten. Hier mache sich einerseits der Fachkräftemangel bemerkbar, andererseits gebe es große Herausforderungen bei der Integration von Kindern aus Migrantenfamilien und mit Verhaltensauffälligkeiten. Landrat Schauder kritisierte, dass bei der schrittweisen Einführung des Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026 die Politik erneut Versprechungen mache, die nicht gehalten werden könnten – das Personal dafür sei "schlicht nicht zu finden".

"Wir müssen den Menschen reinen Wein einschenken und sagen, was machbar ist und was nicht – denn Politik beginnt mit der Betrachtung der Realität", lautete sein Fazit.

 
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