
Wenn sich sehr unterschiedliche Organisationen wie Gewerkschaften, Kirchen oder Parteien, die teilweise sogar miteinander konkurrieren, zu einer gemeinsamen Aktion zusammenschließen, muss etwas Besonderes passiert sein. Das war bei der Veranstaltung unter dem Motto „Herz statt Hetze“ der Fall, die im Evangelischen Gemeindehaus in Boxberg stattfand.
Anlass für diese ungewöhnliche gemeinsame Aktion war der Auftritt der rechtsextremen Band „Permafrost“ bei einem Open-Air-Festival in Bobstadt. Nachdem es nicht gelungen war, diesen zu verhindern, entschied sich das zivilgesellschaftliche Bündnis aus den evangelischen Kirchenbezirken Adelsheim-Boxberg und Weikersheim, dem Arbeitskreis Asyl Bad Mergentheim, der Initiative „Mergentheim Gegen Recht“ und der Kreisverbände der SPD, der Grünen und der Linken sowie dem Kreisverband des DGB und der IG-Metall Tauberbischofsheim dazu, eine Parallelveranstaltung durchzuführen.
Zeichen setzen
„Dabei sollte ein Zeichen gesetzt werden gegen den von ,Permafrost‘ vertretenen Satanismus, Rassismus und Antisemitismus“, so Thomas Tuschhoff von den Grünen Main-Tauber in einer Pressemitteilung des Bündnisses.
Nach der Begrüßung durch Dekan Rüdiger Krauth zeigte Timo Büchner von der Initiative „Mergentheim Gegen Rechts“ auf, weshalb die Band als rechtsextremistisch einzustufen sei. Sie habe Lieder von Nazi-Bands wie „Landser“, „Absurd“ oder „Tonstörung“ gespielt und das Publikum dabei aufgefordert, den „eindeutig antisemitischen Text des so genannten Blutliedes von ,Tonstörung‘ mitzusingen“, so Büchner. Im Bewusstsein, dass der Text verboten ist, habe die Band ihn nicht ins Mikrofon gesungen. Aber nicht nur die Liedtexte, sondern vor allem Äußerungen der Bandmitglieder in einschlägigen Internetforen seien für das Bundesinnenministerium der Grund dafür gewesen, „Permafrost“ als rechtsextrem einzustufen.
Lieder von Neonazi-Bands
Benjamin Schneider, Hauptakteur der Band, wirke zudem in weiteren Neonazi-Bands wie „Blutrache“ oder „Heiliges Reich“ mit. Mit letzterer ist er bei den Neonazi-Festivals „Rock für Deutschland“ und „In Bewegung“ aufgetreten. Dort habe er mit einer offenen Verherrlichung des Holocaust für bundesweite Empörung, schilderte Büchner. „Permafrost“ sei erst in jüngster Zeit gemeinsam mit der extrem rechten Band „Ad Hominem“ beim „Eternal Hate Festival“ in Tschechien aufgetreten, berichtete der Referent.
Thomas Tuschhoff vom Kreisverband der Grünen erinnerte an die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verbrieften Grundrechte. „Das Ignorieren, Verharmlosen oder Verschweigen von rechtsextremistischen Aktivitäten ist der falsche Weg“, findet Tuschhoff. Die Zivilgesellschaft müsse ihnen vielmehr ein deutliches Nein entgegenhalten.
Die stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Renate Gaul sah den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gefährdet, wenn „nur noch die Rede von ,Lügenpresse‘, dem Parlament als ,Quatschbude‘ und von ,rot-grün versifften Gutmenschen‘ ist“. Sie kritisierte den Veranstalter des Open-Air-Festivals von Bobstadt dafür, dass er eine rechtsextreme Band eingeladen hat. Für den Deutschen Gewerkschaftsbund sprach Regionssekretärin Silke Ortwein. Sie sei wütend, weil es nicht gelungen ist, das Konzert von „Permafrost“ zu verhindern. Sie sei aber auch zuversichtlich, weil sie hier Menschen sehe, die diese Entwicklung nicht hinnehmen wollten. Sie zitierte den Philosophen Karl Popper: „Im Namen der Toleranz sollten wir das Recht beanspruchen, die Intoleranz nicht zu tolerieren.“
Pfarrer Edgar Wunsch bezog sich in seinem Beitrag auf die Facebook-Seite der Band „Permafrost“. Als ihre Interessen habe sie dort „Satanismus, Chaos und Anti-Life“ angegeben. Diesen negativen Botschaften stellte Wunsch das Christentum entgegen, das „pro Life“ eingestellt ist.
Dekan Krauth setzte sich mit den Bildern auseinander, die vom Veranstalter des Festivals in Bobstadt sowie von der Band „Permafrost“ veröffentlicht wurden. Er stellte die Frage, welches Menschenbild hinter diesen Bildern steckt. Der Mensch als einer, der das Leben verachtet? Das stehe im krassen Widerspruch zum christlichen Bild des Menschen als Ebenbild Gottes, das Lebensfreude und Schöpfungsliebe ausstrahle.
Musikalisch wurde die Veranstaltung vom Rapper „Chaoze One“ sowie Silke Ortwein umrahmt. Als Zeichen für ein friedliches Zusammenleben ohne Hass und Gewalt versammelten sich die Besucher abschließend vor dem Gemeindehaus um zahlreiche Windlichter, mit denen sie ein Herz bildeten.