(dpa/lsw) Unter schärferen Sicherheitsvorkehrungen als sonst ziehen Schwule und Lesben, Bi- und Transsexuelle an diesem Samstag für mehr Toleranz und Gleichberechtigung durch Stuttgart. In der Landeshauptstadt werden beim 20. Christopher Street Day (CSD) rund 4500 aktive Teilnehmer sowie bis zu 200 000 Zuschauer erwartet, wie die Organisatoren mitteilten.
Nach den Anschlägen in Bayern gibt es mehr Sicherheitsleute und Absperrungen als in den Vorjahren. „Wir gehen alle mit einem mulmigen Gefühl auf die Straße“, hatte der Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Christopher Street Day Stuttgart (IG CSD), Christoph Michl, gesagt. Zugleich betonte er: „Man darf sich solche Veranstaltungen nicht von Terroristen madig machen lassen – dann haben sie nämlich schon eines ihrer kruden Ziele erreicht.“
Türkische Gemeinde beteiligt sich
Polizeipräsident Franz Lutz erklärte, die Polizei sei für die CSD-Parade gut aufgestellt und werde alles tun, um das größtmögliche Maß an Sicherheit zu gewährleisten. Die Lage werde stetig analysiert. Zum ersten Mal beteiligt sich in diesem Jahr auch die türkische Gemeinde in Baden-Württemberg offiziell an dem Umzug. Sie will mit dem Auftritt das in Migrantenkreisen verbreitete Tabuthema Homosexualität angehen.
Die SPD-Opposition im Landtag warf der Landesregierung am Freitag vor, nicht genug für die Gleichberechtigung zu tun. Der Abgeordnete Daniel Born kritisierte, dass sich die grün-schwarze Koalition nicht zu einem Ja für die Öffnung der Ehe für Lesben, Schwule und Bisexuelle durchringen könne. „Der CSD wird Grün-Schwarz hoffentlich Beine machen für den Abbau von Diskriminierungen für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuellen und Queere.“
Die Grünen-Landtagsabgeordnete Brigitte Lösch wies Borns Kritik zurück. Entschieden werde in Berlin über die Ehe für alle. „Dort blockiert die Bundesregierung, in der auch die SPD mitregiert, die Öffnung der Ehe für Lesben, Schwule und Bisexuelle seit Monaten. Ein Anruf bei den SPD-Kollegen in Berlin wäre daher zielführender“, sagte Lösch. Grün-Schwarz setze sich aktiv für Gleichstellung ein - etwa mit dem Bildungsplan, der die Akzeptanz von Vielfalt auch in die Schulen bringe.
Schirmherr Gregor Gysi
Als Schirmherr des CSD, der unter dem Motto „Operation Sichtbarkeit“ steht, hatte der Linken-Politiker Gregor Gysi in Stuttgart vor zwei Wochen gefordert, Homosexuellen auch Adoptionen zu erlauben.
Der CSD mit seinen Paraden und Straßenfesten gilt international als Symbol für den Kampf um die Rechte von Homosexuellen.