Leonardo da Vinci hat es vorgemacht. Erst studierte er den Vogelflug, um anschließend Flugapparate zu konstruieren, die nach demselben Prinzip funktionieren. Auch heute machen Forscher sich zunutze, was Tiere und Pflanzen im Lauf der Zeit entwickelt haben. Bionik heißt der Fachbereich, der Errungenschaften der Biologie mit Entwicklungen der Technik in Verbindung bringt. Die Sechstklässler des Matthias-Grünewald-Gymnasiums haben sich im Rahmen des Fächerverbundes Biologie, Naturwissenschaft, Technik (BNT) intensiv mit dieser Zukunftstechnologie beschäftigt. Bei einer Kooperationsveranstaltung gaben sie ihr Wissen an Viertklässler der Grundschule am Schloss weiter.
Marie konzentriert sich. Die Sechstklässlerin drückt einen Wassertropfen aus einer Pipette. Ganz vorsichtig gibt sie ihn auf eine rußbeschichtete Glasplatte. Da passiert es. Der Wassertropfen macht sich kugelrund und perlt ab. Die Glasplatte bleibt trocken. Der Lotos-Effekt war eines der Phänomene, mit denen die Schüler sich bei der Kooperationsveranstaltung beschäftigten. Markus Kohler, Lehrer für den neuen Fächerverbund BNT, hatte sie mit seinem Kollegen Nicolas Betzel vorbereitet. Die Sechstklässler erarbeiteten daraufhin einzelne Stationen zum Thema Bionik. An ihnen führten sie mit den Grundschülern dann verschiedene Experimente durch und gaben ihnen so einen Einblick in die faszinierende Materie.
Den Lotosblüteneffekt konnten die Schüler auch an einer weiteren Station studieren. An ihr lernten sie das Kohlrabiblatt kennen. Es kann sich selbst säubern, weil es wasserabweisende Noppen hat. Diese Eigenschaft machen sich beispielsweise Funktionsjacken zunutze. An einer machten die Schüler den Test. Mit Erfolg. Der Wassertropfen perlte ab.
Eine andere Station beschäftigte sich mit dem Rückstoßprinzip, das Quallen und Tintenfische anwenden. Ein Luftballon simulierte diese Technik, die auch in der Raumfahrt zum Einsatz kommt. Mit der Lupe erforschten die Schüler außerdem Kletten. Deren Verschlussprinzip haben Kleidungsstücke oder Schuhe kopiert.
Wettschwimmen war im Blumenkastenpool angesagt. Hier überprüften die Schüler die Geschwindigkeit unterschiedlich geformter Holzkörper. Die Spindel gewann. Der Grund: Ihre stromlinienförmige Konstruktion senkte den Widerstand erheblich. Autobauer haben sich diese Technik abgeschaut, um Fahrzeuge zu entwickeln, die weniger Sprit verbrauchen.
Mit großem Eifer absolvierten die Nachwuchsforscher die verschiedenen Stationen. Von den Sechstklässlern war Markus Kohler ganz beeindruckt: „Die Großen haben den Kleinen die Experimente sehr gut erklärt“, freute er sich und betonte: „Ohne die Hilfe der Sechstklässler hätte das Projekt gar nicht durchgeführt werden können.“ Das pädagogische Prinzip „Lernen durch Lehren“ habe sich bestens bewährt.
Begeistert äußerten sich am Ende auch die Schüler. Jannis Grimm und Maximilian Schäffner aus der 6b fanden es toll, einmal selber in die Lehrerrolle zu schlüpfen. „Es war schön, anderen Wissen zu vermitteln und ihnen zu helfen, wenn sie etwas nicht verstanden haben“, meinten die beiden.
Ein dickes Lob für die Grundschüler gab es von Lucia Vogt: „Sie haben gut zugehört.“ Miriam Werner hob die gute Zusammenarbeit hervor. „Die Viertklässler haben sehr gut mitgearbeitet.“
Von einer „zukunftsträchtigen Kooperation“ sprach Oberstudiendirektorin Martina Schlegl. Die Schulleiterin des Matthias-Grünewald-Gymnasiums begrüßte es, dass Grundschüler und Gymnasiasten gemeinsam forschen und experimentieren. „Damit wird die Zusammenarbeit von Grundschulen und weiterführender Schule gefördert“, war Schlegl überzeugt. Das Bildungsprojekt nannte sie ein Paradebeispiel dafür, wie der Übergang für Kinder gemeinsam gut gestaltet werden könne.