Zur Jahreswende 1943/44, als die Niederlage der Deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg immer deutlicher sichtbar wurde, richtete der Reichsarbeitsdienst (RAD) in der Gemeinde ein Außenlager ein. Welchem Hauptlager das Außenlager angehörte, konnte nicht ermittelt werden. Den älteren Bewohnern, etwa ab Jahrgang 1940 und älter, sind die Lokalitäten und die Aktivitäten der „Arbeitsdienstler“ aber noch in guter Erinnerung. Die Dienstzeit war dem zweijährigen Wehrdienst vorgelagert. Ab Mitte 1944 wurde sie überwiegend zur militärischen Grundausbildung genutzt wurden.
Die Baracken zur Verpflegung mit Essensausgabe waren am „Hundsgängle“ unten am Geißgraben aufgestellt. Das Materiallager befand sich „Am Unteren Tor“ schräg gegenüber der heutigen Bäckerei Dürr, wo es 1952 dem Großbrand zum Opfer fiel. Untergebracht waren die „Arbeitsdienstler“ in verschiedenen Schlafsälen der Gaststätten „Löwen“, „Sonne“, „Grünen Baum“ und im Kindergarten. Die Kindererziehung musste dort höheren Interessen („Endsieg“) weichen. Insgesamt waren die Arbeitsdienstler in vier Zügen organisiert. Laut Aussage von heute „Über-Achtzigjährigen“ waren die meisten aus der Pfalz und im Alter von 16 bis18 Jahren. Im Rahmen ihrer vormilitärischen Ausbildung marschierten sie öfters durch den Ort und die Dorfjugend stand am Straßenrand und genoss das Schauspiel, hörte den Gesängen zu und machte sich deren damals heroische Texte zu eigen.
Oft als „Arsch mit Griff“ bezeichnet.
Zur einheitlichen paramilitärischen erdbraunen Uniform der männlichen Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes gehörte eine Hakenkreuzarmbinde, die am linken oberen Ärmel unter dem Spaten mit der Dienststellenbezeichnung getragen wurde. Zur Ausgehuniform gehörte eine in der Länge eingewölbte Mütze mit Schirm, von den Arbeitsdienstlern oft als „Arsch mit Griff“ bezeichnet.
Eine markante Besonderheit für den Arbeitsmann war der Spaten. Er dokumentierte die körperliche Arbeit, war aber auch eine Art „Ersatzgewehr“ in Bezug auf die Wehrmacht. Analog zum „Gewehr-Griffe-Kloppen“ bei der Wehrmacht gab es beim RAD die „Spatengriffe“. Sport hatte ebenfalls einen hohen Stellenwert im Tagesablauf.
Wassergräben in der Gemarkung geputzt
Man erinnert sich in Grossrinderfeld daran, dass die „Arbeitsdienstler“ verschiedene Wassergräben in der Gemarkung geputzt haben. Im Winter halfen sie beim Schneeräumen und waren vor allem beim Holzschlagen in den Wäldern im Einsatz. Im Vordergrund des ganzen Treibens stand jedoch die „vormilitärische Ausbildung“
Der Tagesablauf mit seinen detaillierten Dienstplänen ließ den RAD-Leistenden wenig Zeit zur eigenen Verfügung und glich nahezu dem der Soldaten. In der knapp bemessenen Freizeit soll es aber doch zu Kontakten mit der weiblichen Dorfjugend gekommen sein.
An Festtagen in Bauernfamilien eingeladen
Hin und wieder wurden die RADler auch, besonders an Festtagen, in Bauernfamilien eingeladen. Dort nutzen sie dann den reich gedeckten Tisch, um sich einmal richtig satt zu essen, denn die Verköstigung beim RAD war zwar ausreichend, aber einseitig und wurde gegen Kriegsende immer schlechter.
Kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner an Ostern 1945 wurden von den RADlern an der Straße nach Paimar noch Erdlöcher für Wehrmachtsangehörige und Volkssturmleute als Basis für Maschinengewehrnester ausgehoben. Vereinzelt kam es dort auch zum Schusswechsel mit den feindlichen Soldaten. Im Dorf ging die Angst um, welche „Verteidigungsmaßnahmen“ die RADler und sonstige Wehrmachtsangehörige noch durchführen könnten, um die heranrückenden Amerikaner zu bekämpfen.
Sich rechtzeitig Richtung Osten abgesetzt
Auf Betreiben einiger verantwortungsvoller Großrinderfelder Bürger konnten die im Dorf verweilenden Wehrmachtsangehörigen zusammen mit den RADlern jedoch bewegt werden, sich rechtzeitig Richtung Osten (Schönfeld/Kleinrinderfeld) vom Feind abzusetzen. Dadurch kam es im Dorf selbst zu keinen Kampfhandlungen mit den Amerikanern und Zerstörungen blieben aus.
Nach der Besetzung des Dorfes durch amerikanische Truppen wurde das Lager offiziell aufgelöst. Arbeitsgeräte wie Spaten, Schubkarren, Schaufeln, Essgeschirr, z.B. Teller und Schüsseln, ja sogar Skier wurden dabei an die Bevölkerung verteilt, sofern diese sich nicht schon vorher bedient hatte. So manche Salatschüssel und viele Suppenteller standen bei einigen Familien lange nach dem Krieg noch in der Vitrine oder auf dem Mittagstisch. Spaten und Schaufeln aus dem Nachlass der RADler stehen zum Teil heute noch in privaten Garagen und Kellerräumen und werden benutzt.
Nach dem Krieg sind noch vereinzelt ehemalige RADler nach Großrinderfeld zurückgekehrt und haben dort alte Freude besucht.