Erpressung, Kinderpornografie, Betrug – die düsteren Facetten der Internetkriminalität sind jetzt schon vielseitig. Und LKA-Chef Schneider sieht noch viel größere Gefahren.
Im Kampf gegen die boomende Internet-Kriminalität warnt LKA-Präsident Dieter Schneider vor Einsparungen an der falschen Stelle. Ausreichend Geld und Ressourcen gehörten zu den Grundvoraussetzungen. „Hier zu sparen, hieße, das Feld den Kriminellen zu überlassen. Verantwortungsvolle Politik – auch zukunftsorientierte Finanzpolitik – kann das nicht wollen“, machte der Chef des Landeskriminalamtes am Dienstag bei einer Fachtagung in Stuttgart deutlich. Im Kampf gegen Internetverbrecher brauche es engagierte Spezialisten, einen langen Atem und vernünftige Rahmenbedingung.
Explosionsartige Zunahme
In den vergangenen fünf Jahren sei die Cyberkriminalität in Baden-Württemberg um 25 Prozent gestiegen, sagte Schneider vor rund 250 Teilnehmern im Rathaus. Vor allem schädigende Programme, die Daten der Opfer verschlüsseln, und die Erpressung von Schutzgeldern hätten im vergangenen Jahr „explosionsartig“ zugenommen – von zwei auf knapp 2900 Fälle. Meist seien Firmen betroffen. Und die Dunkelziffer sei riesig. „Gerade Unternehmen regeln Angriffe auf ihre IT-Landschaft lieber diskret, aus Sorge um ihre Reputation.“
Der Cybercrime-Report 2011 der Firma Symantec beziffere den direkten Schaden der Internetkriminalität in Deutschland mit mehr als 16 Milliarden Euro, sagte der LKA-Chef. Szenarien erfolgreicher Attacken gegen wichtige Infrastruktur-Einrichtungen mit ungeheuren Schadenssummen seien keine bloße Fiktion. „Islamistische Terroristen diskutieren bereits den “Cyber-Jihad““, warnte Schneider. Bundeskriminalamt, LKA und andere Experten wollten sich deshalb noch enger vernetzen und breiter informieren. „Wir dürfen nicht warten, bis es zu spät ist.“ Vor dem Hintergrund betonte er auch die Bedeutung der Vorratsdatenspeicherung für die Ermittlungsarbeit.
Zentraler Informationspool
Das LKA, das in diesem Jahr sein 60-jähriges Bestehen feiert, hat Anfang 2012 die neue Abteilung „Cyberkriminalität/Digitale Spuren“ eingerichtet, die etwa mit anderen Ermittlungsbehörden und mit Wissenschaftlern kooperiert. Das LKA tritt nach eigenen Angaben zudem der Allianz für Cybersicherheit bei. Die Allianz fördere als „Zentraler Informationspool“ den Erfahrungsaustausch und gebe Tipps für die Bekämpfung der Cyberkriminalität, erläuterte Harald Niggemann vom Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik. Innenminister Reinhold Gall (SPD) gab beim Symposium den Startschuss für einen „Internet-Sicherheitsparcours“, der zunächst ab Donnerstag im Rathaus Stuttgart zu sehen sein wird. „Unser Ziel ist es, dass wir Menschen für die realen Gefahren der virtuellen Welt sensibilisieren, sie aufklären, beraten und stärken, damit sie im Netz virtuell sicher unterwegs sein können“, teilte er mit. Im Jahr 2011 wurden im Südwesten laut LKA knapp 21 000 Fälle registriert. Der Schaden lag bei 9,5 Millionen Euro.