Für SPD und CDU in Baden-Württemberg ist das Thema Steuererhöhungen ein große Knackpunkt bei möglichen Verhandlungen über eine große Koalition in Berlin. „Steuererhöhungen sind in der aktuellen wirtschaftlichen Lage schädlich. Dabei bleibt es“, sagte CDU-Landeschef Thomas Strobl der Nachrichtenagentur dpa. Hingegen gehören Mehreinnahmen für Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD) zu den unverhandelbaren Bedingungen, unter denen eine große Koalition überhaupt denkbar sei. „Eine große Koalition müsste auch Großes leisten, sonst hat sie keine Rechtfertigung.“
In Berlin gibt es Spekulationen, die Union könnte ihr Wort brechen, um Zugeständnisse an einen möglichen grünen oder roten Koalitionspartner zu machen. CDU-Bundesvize Strobl machte aber klar: „Wir haben vor der Wahl entschieden gegen die Steuererhöhungsfantasien von SPD, von Grünen und von der Linken Position bezogen.“ Die CDU habe mit der Wahl nicht schlagartig ihre Auffassung verändert.
Der Stuttgarter CDU-Fraktionschef Peter Hauk warnte dennoch die eigene Bundespartei davor, Wahlversprechen zu brechen. „Die deutbaren Äußerungen von Finanzminister Schäuble in Interviews stehen in klaren Gegensatz zu unseren Beschlüssen. Wir haben uns vor der Wahl eindeutig festgelegt, keine Steuern zu erhöhen“, sagte Hauk der „Welt“ (Freitag). Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte auf die Frage nach Steuererhöhungen in einer künftigen Koalition der „Zeit“ gesagt: „Wir sollten jetzt schauen, wie die Gespräche laufen.“
Hauk befürchtet einen „Aufstand der Basis“, sollte die Union einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes zustimmen: „45,7 Prozent der Wähler haben in Baden-Württemberg für die CDU gestimmt. Dieses neue Vertrauen dürfen wird nicht verspielen. Schon jetzt laufen bei uns die Telefone heiß und wir werden als Umfallerpartei beschimpft.“ FDP-Landeschefin Birgit Homburger warnte die CDU vor einem Wortbruch. Im Interesse der Bürger, der Arbeitsplätze und des Mittelstands könne man nur vor Mehrbelastungen warnen.
Der SPD-Politiker Friedrich sagte hingegen, Kommunen und Länder müssten mehr Geld für Bildungs- und Infrastukturprojekte bekommen. Er nannte im dpa-Interview weitere Punkte: „Wir müssen die Zweiklassenmedizin überwinden – Stichwort Bürgerversicherung. Wir müssen die Energiewende gestalten und die Europapolitik Deutschlands neu ausrichten.“ Und eine große Koalition wäre „mit Sicherheit eine deutlich weniger harmonische Veranstaltung als die große Koalition von 2005 bis 2009“.
Nach der Bundestagswahl ist rechnerisch sowohl eine große Koalition als auch ein schwarz-grünes Bündnis in Berlin möglich. Der Vorstand der Südwest-SPD will kein Bündnis mit der CDU und vor einer Entscheidung die Mitglieder befragen. Am Freitag kommen rund 200 SPD-Delegierte in Berlin zusammen. Dann geht es um die Frage, wie die SPD mit der schwierigen Lage umgehen soll.
Hauk warnte die Unionsspitze davor, sich frühzeitig auf eine große Koalition festzulegen: „Statt Wahlversprechen zu brechen, um die SPD mit Lockangeboten in die große Koalition zu führen, sollte die Union lieber auf die Grünen zugehen, die sich gerade ihrer Altkommunisten entledigen.“