Morgens um 7.30 Uhr drängeln sich in der Kälte Schüler sowie Erwachsene auf dem Weg zur Arbeit an der Haltestelle. Mal wieder kommt der Bus nicht. „Jetzt müssen wir laufen und kommen zu spät in die Schule“, schimpfen zwei genervte Mädchen.
In der Donaustadt Ulm streiken schon seit März immer wieder die Busfahrer. Genauer gesagt ist es nur ein Teil: Es geht um diejenigen 65 Fahrer, die bei der Tochtergesellschaft Schwaben Mobil der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) arbeiten. Sie bekommen knapp elf Euro die Stunde und haben damit die niedrigsten Löhne unter den Busfahrern in ganz Baden-Württemberg, wie die Gewerkschaft sagt. Und so einen zähen Streik gab es landesweit „soweit ich weiß noch nie in der Branche“, sagt Rudolf Hausmann von ver.di Baden-Württemberg.
„Mein Konto ist immer im Minus“, beklagt einer der streikenden Busfahrer, der seinen Namen nicht nennen will. „Wir wollen genauso viel, wie die anderen.“ Die Anderen, das sind die Busfahrer in Ulm, die direkt bei den SWU angestellt sind. Sie bekommen 17 bis 19 Euro die Stunde. Eine Zweiklassen-Gesellschaft unter Busfahrern in derselben Stadt, die alle die gleiche Arbeit machen? „Ja“, findet die Geschäftsführerin von ver.di-Ostwürttemberg, Maria Winkler, in Ulm.
„Ich sehe meine Frau und meine Kinder kaum mehr“, schimpft ein Busfahrer. Sie wollen so lange weiterstreiken, bis die Probleme gelöst sind. „Wir gehen auch vor das Rathaus und treten in den Hungerstreik. Das ist kein Problem für uns“, so ein anderer Fahrer.
Gewerkschafterin Winkler nennt Schwaben Mobil eine „Billigtochter“ der SWU. Die Stadtwerke sind mit 51 Prozent Mehrheitseigner an der Tochtergesellschaft. Winkler fordert für die Fahrer von Schwaben Mobil 14 Euro pro Stunde und eine stufenweise Anpassung der Löhne auf den im Südwesten üblichen Branchenlohn von derzeit 14,89 Euro. Schwaben Mobil hat bei Tarifverhandlungen im November einen Euro mehr pro Stunde angeboten. Das sei das „finanzielle Limit“, heißt es in einer Pressemitteilung. Für ver.di kein akzeptables Angebot. Schwaben Mobil zog auch vor Gericht, um den Streik zu verbieten. Das Arbeitsgericht Augsburg lehnte am 18. Dezember die Klage ab. „Die Fahrer haben das Recht zu streiken“, so die Entscheidung.
Die Busfahrer protestierten auch schon im Rathaus und sehen die Stadt in der Pflicht. Für Oberbürgermeister und SWU-Aufsichtsrat, Ivo Gönner (SPD), ist eine Grenze erreicht. „Es gibt einen Tarifvertrag und es gibt eine Friedenspflicht“, sagt er. „Wir haben einen Euro angeboten, allein das würde die Gesellschaft 400 000 Euro mehr im Jahr kosten – mehr geht nicht.“ Die Fahrer sollten sich bei ihrer Gewerkschaft beschweren, die hätte das Angebot ja abgelehnt. Es ist kompliziert. Denn der Sitz von Schwaben Mobil ist in Neu-Ulm, auf der anderen Seite der Donau, in Bayern. Die Fahrer werden nach dem Tarifvertrag des Landesverbandes Bayerischer Omnibusunternehmer (LBO) bezahlt. „Obwohl sie in Ulm eingesetzt werden und nach dem baden-württembergischen Tarifvertrag bezahlt werden müssten“, sagt Winkler.