
Bei der Bundestagswahl am 23. Februar sind alle Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, ihre zukünftigen Vertreter im Bundestag in Berlin zu wählen. Im Vorfeld der Wahl hat diese Redaktion die fünf Direktkandidaten und eine Direktkandidatin der im Bundestag vertretenen Parteien aus dem Wahlkreis Odenwald-Tauber zu zentralen Themen des Wahlkampfs befragt. Die Interviews werden bis zur Wahl in loser Folge erscheinen.
Diesmal geht es um Sozialpolitik. Wir haben die sechs Kandidaten gefragt, welche Ansätze sie bei dem Thema verfolgen. Hier ihre Antworten – die Reihenfolge der Kandidaten orientiert sich dabei am Wahlergebnis ihrer jeweiligen Partei bei der Bundestagswahl 2021.
Philipp Hensinger, SPD

Meine Sozialpolitik setzt auf Chancengerechtigkeit, soziale Sicherheit und Teilhabe. Jeder Mensch soll, unabhängig von Herkunft oder Einkommen, ein gutes Leben führen können. Dazu gehören faire Löhne, starke Sozialleistungen und bezahlbarer Wohnraum. Ich trete für eine gerechte Bürgergeld-Reform ein, die Unterstützung bietet, ohne zu stigmatisieren. Gleichzeitig sollen Maßnahmen zur Weiterbildung und Beschäftigungsförderung gestärkt werden, damit Menschen in den Arbeitsmarkt zurückfinden.
Bezahlbarer Wohnraum ist eine zentrale Herausforderung. Ich setze auf stärkeren sozialen Wohnungsbau, Mietpreisbremsen und die Förderung von Genossenschaftsmodellen, um Wohnen bezahlbar zu halten. Familien sollen durch eine Kindergrundsicherung und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie gestärkt werden. In der Rente unterstütze ich die Einführung einer Aktienrente, um das Rentensystem zukunftssicher zu machen. Staatliche Investitionen in Fonds sollen langfristige Renditen ermöglichen und die gesetzliche Rente ergänzen. Sozialpolitik muss Sicherheit bieten und gleichzeitig Chancen eröffnen.
- Alter: 21
- Beruf: Student (Public Management - Bachelor of Arts)
- Familienstand: ledig
- Heimatort: Walldürn
- Hobbys: Schwimmen, Lesen, Zeit mit Freunden verbringen
Nina Warken, CDU

Jede und jeder soll sich darauf verlassen können, dass die Solidargemeinschaft uns trägt, wenn wir sie wirklich brauchen. Das ist für uns soziale Gerechtigkeit. Dabei muss das klare Ziel sein, Menschen die Teilhabe an unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Dabei geht es nicht nur darum, Menschen in den Arbeitsmarkt zu vermitteln, um die Sozialsysteme zu entlasten, sondern auch darum, dass wir fest davon überzeugt sind, dass Geld, das in einem Beruf verdient wurde, jeden Einzelnen zufriedener macht, als von Sozialleistungen abhängig zu sein.
Es müssen Anreize und Möglichkeiten geschaffen werden, um Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dabei sollten alle rechtlichen Möglichkeiten angewendet werden. Wer nicht bereit ist, einen Beitrag zu leisten, obwohl er das könnte, muss grundsätzlich schlechter gestellt sein, als jemand der arbeitet. Dabei bekennt sich die CDU dazu, dass Leistung sich wieder lohnen muss. Wer fleißig ist, der muss auch mehr Geld in der Tasche haben. Wer viele Jahre berufstätig war und in die Rentenkassen eingezahlt hat oder Kinder betreut oder Angehörige gepflegt hat, darf nicht im Alter von Armut bedroht sein.
- Alter: 45 Jahre
- Beruf: Rechtsanwältin, Bundestagsabgeordnete, Generalsekretärin der CDU-BW und parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Fraktion
- Familienstand: verheiratet, drei Kinder
- Wohnort: Tauberbischofsheim
- Hobbys: meine Familie und Tennis
Horst Berger, Bündnis 90/Die Grünen

Beim Thema Wohnen verlängern wir die Mietpreisbremse, bauen schnell, günstig und klimaverträglich und helfen Menschen, Wohneigentum bezahlbar zu erwerben oder zu sanieren. Außerdem wollen wir das Deutschlandticket sichern und für 49 Euro anbieten. Zum Thema Strom: Erneuerbare Energien liefern günstigen Strom, wir bauen die Netze aus, senken die Stromsteuer und übernehmen Netzentgelte. Das spart einer Familie leicht 400 Euro im Jahr.
- Alter: 53
- Beruf: Diplom-Kirchenmusiker
- Familienstand: verheiratet, 3 Kinder
- Wohnort: Buchen
- Hobbys: Musik, Naherholung in der Natur
Mirwais Wafa, FDP

Steuersenkungen sind die wirksamste Form der Sozialpolitik. Bürgerinnen und Bürger, die täglich arbeiten gehen, sollen mehr Netto vom Brutto verdienen. Deshalb fordere ich und wir als FDP steuerfreie Überstunden bei Vollbeschäftigung. Den Grundfreibetrag wollen wir schrittweise auf 1.000 Euro anheben.
Um Familien und Alleinerziehende stärker zu entlasten, möchten wir die steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten und gesetzlichen Unterhaltsleistungen verbessern. Zudem wollen wir das Bürgergeld und die Grundsicherung reformieren, um sie effektiver zu gestalten.
- Alter: 28 Jahre
- Beruf: Masterstudent der Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Internationale Beziehungen und Europaforschung
- Familienstand: ledig
- Wohnort: Bad Mergentheim
- Hobbys: Sport, insbesondere Joggen
Johann Martel, AfD

Unsere Sozialpolitik umfasst die Sicherung der Zukunft unserer Kinder und Enkel in Wohlstand und Frieden bis hin zur Alterssicherung. Daher geht es ebenso um die Bekämpfung von Kinderarmut bis zur Altersarmut. Wir unterscheiden zwischen "Förderung" und "Unterstützung". So unterstützen wir beispielsweise Alleinerziehende, wir fördern aber nicht, dass es mehr Alleinerziehende gibt, sondern wir "fördern" den Mut zur traditionellen Familie, ohne damit andere Lebensweisen auszugrenzen.
Besonders wichtig ist uns daher, dass die Entscheidung zur Familie kein Armutsrisiko mehr ist. Keine Familie soll sich nur aus finanziellen Gründen gegen (weitere) Kinder entscheiden müssen! Dasselbe gilt für Schwangerschaftsabbrüche nur aus finanziellen Gründen! Auf Bundesebene haben wir ein umfangreiches Sozialkonzept beschlossen und auf Landesebene erarbeiten wir dieses gerade mit vielen guten Ideen im zuständigen Arbeitskreis.
- Alter: 45
- Beruf: Technischer Fachwirt
- Familienstand: verheiratet, 6 Kinder, 2 Enkel
- Wohnort: Walldürn
- Hobbys: Familienausflüge, Wandern, an Technik und Fahrzeugen schrauben
Robert Binder, Die Linke

Für mich ist soziale Gerechtigkeit die Grundlage einer solidarischen Gesellschaft. Klar ist: Wer mehr hat, muss auch mehr beitragen. Ich setze mich dafür ein, dass Vermögende und große Unternehmen stärker in die Verantwortung genommen werden, um die soziale Ungleichheit zu bekämpfen. Dazu gehören Maßnahmen wie eine gerechte Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen, die Abschaffung ungerechter Steuerprivilegien und eine stärkere Regulierung von Gewinnverschiebungen großer Konzerne. Diese Mittel können gezielt in soziale Leistungen investiert werden, in bezahlbaren Wohnraum, bessere Bildung, eine auskömmliche Rente und ein starkes Gesundheitssystem für alle.
Auch die Streichung der Beitragsbemessungsgrenzen in den Sozialversicherungssystemen würde helfen, Krankenversicherung, Rentenversicherung, usw. zu stärken. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb ein Mensch mit hohem Einkommen, über der Beitragsbemessungsgrenze, anteilig weniger Versicherungsbeiträge zahlt, als Menschen mit geringerem Einkommen. Eine gerechte Umverteilung sorgt nicht nur für mehr Chancengleichheit, sondern stärkt auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
- Alter: 38
- Beruf: Bürokraft mit Weiterbildung zum Logistikmeister
- Familienstand: ledig
- Wohnort: Lauda-Königshofen
- Hobbys: Fahrrad fahren, Feuerwehr, Lesen