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Bronnbach
Bronnbacher Quittentage: "Quittenpapst" führte durch den Lehrpfad
Marius Wittur (mit Mütze) führte durch den 2019 eröffneten  Bronnbacher Quittenpfad und ließ die Teilnehmer an seinem Wissen teilhaben.
Foto: Matthias Ernst | Marius Wittur (mit Mütze) führte durch den 2019 eröffneten Bronnbacher Quittenpfad und ließ die Teilnehmer an seinem Wissen teilhaben.
Bearbeitet von Matthias Ernst
 |  aktualisiert: 21.10.2021 03:11 Uhr

Quittenbäume sind trotz ihrer guten Nutzungsmöglichkeiten heute in den Fluren und Wiesen nicht mehr sehr häufig vertreten. Vollkommen zu Unrecht, wie Marius Wittur bei den Bronnbacher Quittentagen ausführte. Wittur ist ein absoluter Kenner der Frucht und wird oft auch als "Quittenpapst" bezeichnet. Er ist ein Besessener im positiven Sinne. Denn sein ganzes Leben dreht sich seit über 20 Jahren fast ausschließlich um die Quitte. Mittlerweile hat Wittur in Astheim an der Volkacher Mainschleife einen Quittenlehrpfad aufgebaut, der den Besuchern und Besucherinnen viele Informationen rund um die gelbe Frucht bietet.

Knapp 90 Quittenbäume und Sträucher sind in den letzten Jahren im Bereich des ehemaligen Zisterzienserklosters Bronnbach gepflanzt worden. Das ist das ganze Jahr auf dem Quittenpfad zu sehen und die unterschiedlichen Früchte und Wuchsformen können begutachtet werden. Die Quitte ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Ihre Ursprünge reichen bis in das vierte Jahrtausend vor Christus im Kaukasus zurück. Bereits die Babylonier schätzten die Frucht, in der mehr Vitamin C und Mineralstoffe stecken, als in so manch einem Apfel unserer Zeit.

Ein typischer Vertreter in einem Klostergarten war früher die Quitte, so wie sie jetzt wieder im Quittenpfad in Kloster Bronnbach eine Renaissance erfährt, neben dem Federvieh.
Foto: Matthias Ernst | Ein typischer Vertreter in einem Klostergarten war früher die Quitte, so wie sie jetzt wieder im Quittenpfad in Kloster Bronnbach eine Renaissance erfährt, neben dem Federvieh.

Viel mehr als nur gut duften

Jetzt in der Herbstzeit duften sie besonders intensiv. "Viele Menschen nehmen die Quitten einfach mit nach Hause und lassen sie in der Wohnung duften", sagt Wittur. Doch die Quitte kann viel als nur gut duften oder zu Gelee oder Marmelade verarbeitet werden. Harald Lurz vom Landwirtschaftsamt Tauberbischofsheim ist unter anderem zuständig für die Betreuung der Streuobstbauern. Er erzählt, dass es vermehrt Versuche gibt, schmackhaften Quittensaft zu keltern und zu vermosten: "Wer einmal einen Quittensaft zusammen mit selbst gepresstem Apfelsaft getrunken hat, will nicht mehr aufhören."

Auch Quittensecco, -schnaps oder -likör sind bekannte Ergebnisse der Quittenverarbeitung. Die ist gar nicht so einfach, weiß Marius Wittur zu berichten. Die Früchte sind meist sehr hart und erst nach einem längeren Kochprozess lässt sich der Saft zu Hause aus der Frucht lösen. Modernere Formen sind die Saftpressen, so wie sie Wittur auf seinem Hof im Einsatz hat. Doch die sind für den Privatmann selten kostendeckend einsetzbar. Der Experte empfiehlt zu einem Lohnunternehmen zu gehen und dort die Früchte verarbeiten zu lassen.

Die Quitte ist ein Zukunftsbaum, ist sich Wittur sicher. Sie kommt gut mit den sich ändernden klimatischen Bedingungen zurecht. Schon im Mittelalter, also vor der letzten kleinen Eiszeit im 16. und 17. Jahrhundert, wurde die Quitte von den Bauern angepflanzt. Der älteste kartierte Quittenbaum steht seines Wissens nach bei Schweinfurt und ist schon über 250 Jahre alt. "Der trägt immer noch", sagt Wittur.

Die Urform des Quittenbaumes ist die Strauchform.
Foto: Matthias Ernst | Die Urform des Quittenbaumes ist die Strauchform.

Rückgang der Sortenvielfalt

Die Wildform der Quitte ist eigentlich ein Strauch, erfahren die gut 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Rundgang durch den Bronnbacher Quittenpfad. Hier stehen Quittenbüsche, aber auch Nieder- und Hochstämme, die in den letzten Jahren gepflanzt wurden. Dabei sind viele alte Sorten, wie die Konstantinopeler Apfelquitte, die Volkacher Riesenquitte oder die Schwäbische Quitte. Vergeblich sucht man allerdings die in den letzten Jahren von der Versuchsanstalt in Geisenheim so stark propagierte "Cydora robusta". Ihre Resistenz gegen den Feuerbrand kann sie nur in Baumplantagen entfalten. In der Natur sei sie genauso gefährdet wie jede andere Quittensorte auch, so Wittur.

Wittur hat in den letzten 20 Jahren sehr viele alte Quittensorten bestimmen können, heute sind es nur noch wenige Neuentdeckungen, die zu ihm gebracht werden. Immer in der letzten Oktoberwoche gibt es auf seinem Hof in Untereisenheim die Möglichkeit der Sortenbestimmung. Dabei bedauert der Quittenpapst den Rückgang der Sortenvielfalt. Waren es in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts noch etwa 30 Quittensorten, die in Deutschland angebaut wurden, sind es heute höchstens fünf bis sechs.

Obwohl die Quitte sich einfach pflegen lässt, ist sie auf dem Rückzug. Vollkommen zu Unrecht, findet Wittur. Erst die Vielfalt in der Natur lässt die Biodiversität wachsen. Das wussten schon unsere Vorfahren und haben möglichst viele verschiedene Bäume und Sträucher angepflanzt, so seine Ansicht. Trug eine Sorte einmal nicht, sprang eine andere ein und sicherte so die Ernährung der Familie. Darauf sollten wir uns heute auch wieder besinnen. "Die Quitte ist der Trüffel im Hausgarten", machte er Werbung für die gelbe Frucht.

Verschiedene Quittensorten, aber alle sehr gut riechend und ein Zeichen des Herbstes.
Foto: Matthias Ernst | Verschiedene Quittensorten, aber alle sehr gut riechend und ein Zeichen des Herbstes.
 
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