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TAUBERBISCHOFSHEIM
Blitzsaubere Schauspielerleistungen
Die verlorene Ehre der Katharina Blum       -  „Wie kann man sich gegen die Verleumdungen der Sensationspresse wehren?“ fragen sich die Betroffenen. Szenenfoto mit Konrad Beiters als Elses Freund (Stefan Holm), Katharina Blum (Nadine Pape) und deren Tante Else Woltersheim (Evelyn Nagel).
Foto: Peter Empl | „Wie kann man sich gegen die Verleumdungen der Sensationspresse wehren?“ fragen sich die Betroffenen.
Felix Röttger
 |  aktualisiert: 04.12.2017 03:13 Uhr

Margarethe von Trottas Theateradaption der Erzählung von Heinrich Böll „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“, die von der Badischen Landesbühne in der Tauberbischofsheimer Stadthalle zur Aufführung kam, versetzte die Zuschauer in die aufgeheizte politische Stimmungslage Anfang der 70er Jahre. Es war die Zeit, als die Studenten in der Bundesrepublik nicht nur gegen den Vietnam-Krieg, sondern auch gegen das Establishment auf die Straße gingen, das selbst alten Nazis eine unbehelligte Karriere ermöglichte.

Die Springer-Presse witterte ein Werk von Kommunisten und Chaoten; selbst der 1972 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnete Heinrich Böll blieb nicht verschont. Nach den ersten Bombenanschlägen und Attentaten der Baader-Meinhof-Gruppe, die später als Rote-Armee-Fraktion (RAF) für über 30 Morde verantwortlich war, zögerte vor allem die Bild-Zeitung nicht, politisch Andersdenkende in die linke, kommunistische Ecke zu stellen.

Nach seiner scharfen Kritik und Mahnung zur sachlichen Berichterstattung wurde Böll zum Sympathisanten der RAF abgestempelt und im Zuge einer Großfahndung nach Terroristen wurde 1972 auch sein Haus in der Eifel durchsucht. Böll sieht sich selbst als ein Opfer einer Rufmordkampagne, auf die er 1974 mit seiner Erzählung: „Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder: Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann“ reagierte. Sein Vorwort lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig: „Personen und Handlung dieser Erzählung sind frei erfunden.

Sollten sich bei der Schilderung gewisser journalistischer Praktiken Ähnlichkeiten mit den Praktiken der Bild-Zeitung ergeben haben, so sind diese Ähnlichkeiten weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich.“ Ein Jahr später verfilmten Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta die Erzählung mit Mario Adorf, Dieter Laser, Jürgen Prochnow und Heinz Bennent; Böll selbst hatte Schlöndorff vorgeschlagen, die Hauptrolle der Katharina Blum mit Angela Winkler zu besetzen. 1976 folgte eine Theateradaption am Bonner Stadttheater, die den Erfolg des Films nicht wiederholen konnte.

Nadine Pape verkörpert die etwas blasse (Kunst-)Figur der Katharina Blum; eine schon vom Namen her „reine Blume“, die völlig unschuldig in die Fänge des Sensationsjournalisten Tötges gerät, dessen Name schon nichts Gutes erwarten lässt. Nicht so recht spürbar wird die emotionale Betroffenheit, die nur gelegentlich aufblitzt. Markus Hennes spielt den sensationsgierigen, nur an hoher Auflage interessierten Reporter Tötges mit empörender Skrupellosigkeit, um dann ebenso glaubwürdig in die Rolle des fürsorglichen Rechtsanwalts Hubert Blorna zu schlüpfen.

Eine blitzsaubere Schauspielerleistung liefert auch René Laier als genervter, unter Erfolgsdruck stehender Kriminalkommissar Beizmenne und als verliebt-schüchternder Politiker Sträubleder ab. Lydia Meyer spielt - ebenfalls in einer Doppelrolle – die Kriminalbeamtin Frau Pletzer und mit besonderem Biss die souveräne Trude als rothaarige Frau des Rechtsanwalts Blorna.

Seine besten Szenen hat Stefan Holm nicht nur als dreist-gedankenloser Fotograf Schönner und als Pater Urbanus, sondern vor allem als treuherziger Freund Konrad Beiters von Katharinas Tante Else Woltersheim (forsch und angstfrei: Evelyn Nagel), als beide zusammen beim Staatsanwalt und dem Kommissar das wacklige Lügengebäude der Ankläger von Katharina zumindest verbal grandios zum Einsturz bringen. Während die Rolle des jungen Kriminalbeamten Moeding von Martin Behlert figurengerecht sympathisch-besonnen gespielt wird, verkörpert David Meyer als Staatsanwalt Hoch und als Verleger Lüding glaubhaft mit vielen Floskeln zwei auf Staatsraison und Machterhalt ausgerichtete Protagonisten des Stücks.

Für die rockigen Gesangseinlagen sorgen Colin Hausberg, Hennes Holz (Gitarre) und Mario Fadani (Bass).

 
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