Die Schrecken des deutschen Bruderkrieges von 1866, als sich preußische und bayerische Truppen auch in der hiesigen Gegend heftige Gefechte lieferten, sind vergangen. Doch die Erinnerung und die Folgen bleiben bestehen, bis heute. Ein Relikt aus dieser Zeit ist die Fußwallfahrt der Gerchsheimer jedes Jahr um den 8. September herum, der Geburt Mariens, zum Würzburger Käppele.
Ununterbrochen seit 150 Jahren wird so an ein Gelübde erinnert, das die Gerchsheimer Bevölkerung ablegte, um einer Cholera-Epidemie zu entrinnen. „Am 26. Juli 1866 fand auf Gerchsheimer Gemarkung ein Gefecht zwischen süd- und norddeutschen Gruppen statt. Preußische Truppen haben die Cholera eingeschleppt. In der Zeit von Juli bis September 1866 sind 35 Bewohner unseres Dorfes von dieser Seuche dahingerafft worden. Getreu einem Gelübde aus dieser Zeit findet bis heute alljährlich am Sonntag nach Maria Geburt eine Fußwallfahrt zum Käppele statt, die sich immer noch großer Beliebtheit erfreut“, hatte Pfarrer Herget bereits 1929 in der Pfarrchronik notiert.
Zum 100-jährigen Jubiläum 1966 hatte die Main-Post berichtet, dass sich 214 Personen im Alter zwischen 8 und 75 Jahren zur Wallfahrt bereits um 4 Uhr morgens versammelten, einen Gottesdienst feierten und dann entlang der Bundesstraße zu den Klängen der Musikkapelle nach Würzburg liefen.
Am Käppele feierte man mit weiteren Gerchsheimern, die mit dem Auto nachgekommen waren, einen Gottesdienst unter der Leitung von Pfarrer Wilhelm Koch und betete am Kreuzweg, bevor man sich um 14 Uhr auf den Heimweg machte. Bei der Rückkehr standen am Ortseingang viele Menschen und begrüßten die Heimkehrer mit Fahnenabordnungen und Fackeln. Abschluss war am Friedhof, wo man „des Gelöbnisses und der unheilvollen Seuche, die in jenen Tagen zum Schrecken der ganzen Gegend wurde“.
Heute, 50 Jahre später, laufen die Gerchsheimer noch immer jedes Jahr zum Käppele, nach einem schweren Unfall mit Verletzten in der Pilgergruppe Ende der 60er Jahre wählt das Wallfahrtskomitee allerdings eine weniger gefährliche Laufstrecke durch den Wald und auf Gehwegen. Angeführt wird die Prozession seit Jahren von Thomas Schenk, der auch das Kreuz trägt.
Strecke länger, aber sicherer
„Die Strecke ist zwar etwas länger, aber sicherer“, so Pfarrer Damian Samulski, der die Gläubigen bereits am 4. September ausgesandt hatte. Dieses frühe Datum in diesem Jahr ist der Tatsache geschuldet, dass man an dieem Sonntag, 11. September, ein Pfarrfest zu Ehren des Jubiläums der Fußwallfahrt feiern möchte.
„Tradition ist ein Zeichen unserer Identität und Heimatverbundenheit“, deshalb wird dieser Tag mit einem festlichen Gottesdienst gefeiert. Die Predigt wird der Würzburger Generalvikar Monsignore Thomas Keßler halten, als Zeichen der Verbundenheit der Gerchsheimer mit dem Bistum Würzburg, obwohl die Pfarrei kirchenrechtlich eigentlich zur Erzdiözese Freiburg gehört. „Viele Gerchsheimer Paare heiraten am Käppele und auch besondere Jubiläen wie Goldene Hochzeit werden hier gefeiert“, zeigt Samulski die Verbindung der Tauberfranken zu den Mainfranken auf.
Nach dem Gottesdienst wird es am Sonntag ein Weißwurstfrühstück und dann Mittagessen geben, bevor man gemütlich zur Kaffeezeit übergehen kann. Für Kinderbelustigung ist gesorgt, die Raiffeisenbank stellt eine Hüpfburg auf, es gibt Kinderschminken und die Pfarrbücherei hat geöffnet, genauso wie der Kindergarten. „Das gesamte Gemeindeteam hat sich viel Arbeit gemacht und freut sich auf viele Besucher“, lädt Pfarrer Samulski alle Gerchsheimer und Freunde ein.