Der ehemalige Drogist Berthold Scholz aus Königshofen feiert am Dienstag, 24. März, seinen 95. Geburtstag. Den meisten dürfte er noch als Einzelhändler bekannt sein. Von 1958 bis 1987 führte er an verschiedenen Standorten in der Hauptstraße eine Drogerie.
Bis 1988 unterhielt er zudem eine Filiale in Beckstein. Ursprünglich stammt Scholz aus Oberlauda. Er wuchs jedoch im sächsischen Görlitz auf. Dort hatte sein aus Schlesien stammender Vater Richard Reinhard Scholz eine Apotheke.
Nach der Volksschulzeit absolvierte er eine Lehre zum Drogisten, musste jedoch erst den Reichsarbeitsdienst absolvieren und wurde als Waldarbeiter im besetzten Sudetenland, heute Tschechien, eingesetzt. 1942 wurde er zum Wehrdienst eingezogen und im französischen Revigny-le-Duc in Lothringen zum Bordfunker der Luftwaffe ausgebildet.
Im Krieg ins Baltikum
Danach schickten ihn die Oberbefehlshaber direkt ins baltische Kriegsgebiet. Er selbst war jedoch nie direkt an Kampfhandlungen beteiligt. Als Bodenbordfunker empfing er die Funksprüche der deutschen Aufklärungsflieger und gab die russischen Truppenbewegungen weiter.
An das Ende seines Einsatzes erinnert sich Scholz noch genau: "Kurz vor der deutschen Kapitulation trat der Kompaniechef vor uns und sagte: ,Meine Herren, der Krieg ist für Sie beendet.‘ Ab diesem Zeitpunkt waren wir vogelfrei“, berichtet er.
Gemeinsam mit einigen Kameraden schlug er sich zu Fuß unter ständiger Bedrohung durch russische Jagdflieger in die Hafenstadt Libau, heute Liepaja, in Lettland durch. "Als die Russen uns beschossen, sprangen wir in die Schützengräben", berichtet er.
Funker bei den Briten
Als einer der letzten Deutschen gelang Scholz die Flucht von dort. Auf einem Mienensucher trat er im Mai 1945 die Heimreise an und erfuhr auf hoher See von der Kapitulation der Wehrmacht. Kurz darauf wurde die 50 Schiffe große Flotte von britischen Truppen aufgegriffen. So geriet Scholz in Kriegsgefangenschaft. Von Mai bis Juli 1945 war er in Heiligenhafen interniert.
Dort arbeitete er als Funker für die britische Armee und verdiente sich so etwas Kekse und Tee zu den kargen Mahlzeiten hinzu. "Wir hatten oft so großen Hunger, dass wir Brennnesseln kochten und aßen", erinnert er sich. Am 21. Juli 1945 wurde er vom Royal-Army-Captain D. A. Litchfield aus dem Gefangenenlager entlassen.
Anschließend trat er zu Fuß den Heimweg ins 670 Kilometer entfernte Oberlauda an. Er wusste, dass er dort bei Verwandten unterkommen könne. Um schneller voranzukommen, versteckten er und seine mitreisenden Heimkehrer sich hin und wieder auf Güterzügen. Nach neun Tagesmärschen kam er schließlich am 30. Juli in Oberlauda an.
Heimweh ins Taubertal
In der Drogerie Dörr, heute Taubertal-Apotheke, fand er in der Laudaer Altstadt wieder Arbeit und heiratete 1949 seine Frau Veronika, mit der er die Töchter Ursula, Gabriele und Brigitte sowie Sohn Wolfgang großzog. 1952 machte er sich selbstständig und übernahm eine Drogerie in Winterhausen im Landkreis Würzburg.
Da seine Frau jedoch das Heimweh plagte, kehrten er und seine Familie 1957 ins Taubertal zurück, wo er in Königshofen zunächst eine Drogerie pachtete und 1965 seinen Laden eröffnete, den er bis 1987 führte. Anschließend arbeitete er für einige Jahre im Handelshof in Igersheim.
1974 und 1985 musste Scholz zwei Schicksalsschläge verkraften. Zunächst verstarb seine Tochter Gabriele, elf Jahre später nach schwerer Krankheit seine Frau.
Hörspiele am Abend
Heute lebt Scholz im Haus von Tochter Brigitte auf dem Turmberg in Königshofen. Während er in früheren Tagen gern auf Reisen ging und viel fotografierte, liest er heute sehr viel, insbesondere die Zeitung, Zeitschriften sowie hin und wieder auch Sachbücher. Ebenso hat er Gefallen an Hörspielen gefunden, die er jeden Abend hört.
Die geplante Geburtstagsfeier der Familie muss aufgrund der aktuellen Lage leider ausfallen, was der Jubilär sehr bedauert, er habe sich doch so darauf gefreut. Scholz hat sieben Enkelkinder und sechs Urenkel, das siebte ist bereits auf dem Weg.